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Peter Schmerenbeck (Hg.): Break on through to the other side. Tanzschuppen, Musikclubs und Diskotheken im Weser-Ems-Gebiet in den 1960er, 70er und 80er Jahren, Oldenburg: Isensee 2007, S.29-45


Fred Ritzel (Oldenburg, 2006)


"Die Rock'n'Roller wollten wir hier nicht haben!" –

Über das Verhältnis von Jazzfans und Rockfans in den 1950er JAHREN in Oldenburg


LEGENDEN UND VERZEICHNUNGEN

Im Legendenrepertoire jüngerer Rockmusikfans (etwa Studenten, wie ich sie seit den 70er Jahren erlebt habe), scheint es selbstverständlich, dass die Masse der Jugendlichen in den 50er Jahren musikalisch durchpulst und getrieben war vom Rock'n'Roll.1 Und auch James Dean – das damalige Idol der aufsässigen Jugend gegen Eltern, Lehrer, Lehrherren, Autoritäten schlechthin – gilt natürlich als einer, den Rock'n'Roll bewegte. Beides stimmt keineswegs. Tatsächlich handelt es sich bei den deutschen Rock'n'Roll-Fans in den 50er Jahren um eine Minderheitengruppe, ähnlich den Jazzfans. Beide Gruppen erscheinen als relativ kleine Fancliquen inmitten der Masse der Jugendlichen insgesamt. Diese sogenannten Teenager und Twens in der 2. Hälfte der 50er Jahre bevorzugen die Popmusik der Zeit, die Schlager der deutschen und angloamerikanischen Hitparaden.

Und James Dean, der Held der drei Jugendprotestfilme von 19552 und auch in Deutschland zur Kultfigur stilisiert, hatte seine konfliktreichen Auseinandersetzungen mit seinen Eltern und den konservativen Autoritäten seines Filmumfelds nicht im Kontext von Rock'n'Roll-Musik. Leonard Rosenman und Dimitri Tiomkin schrieben für seine Filme eine professionelle Hollywood-Musik, wobei ein jazznaher Bigbandsound in der Art von Stan Kenton noch die modernste musikalische Stilistik verkörperte. James Dean privat galt sogar als ein Liebhaber der Blockflöte (!), ein wohl kaum mit dem Rock'n'Roll verbundenes Instrument. Er hörte viel Musik, sprach gerne mit Freunden und Kollegen über Musik - über Bach, Bartok, Schönberg, Ives u.a. Eine besondere Affinität zum Rock'n'Roll scheint nicht überliefert. Vertrauter war ihm dagegen Jazz, gelegentlich spielte er gar bei Sessions mit seinen Bongos mit.3 Im Grunde also ein bürgerlicher Rebell, eine widerständiger "Rollenspieler" mit einer im realen Leben verhängnisvollen Liebe zu teuren Autos und wunderschönen jungen Frauen. Ein ähnliches kollektives Erinnerungsbild bietet übrigens auch der junge Marlon Brando, in dessen Film THE WILD ONE4 Brando als Motorrad-Rocker zu einer Musik agiert, die ebenfalls nicht an Rock'n'Roll erinnert, sondern, wie später bei James Dean, eher im Stan-Kenton-Stil sogenannte "progressive" Bigbandmusik repräsentiert. Als Filmhintergrund funktioniert sie sehr gut, kann jedoch kaum als eine aktuelle Identifikationsmusik von rebellierenden Jugendlichen gelten. Selbst wenn das Leder-Outfit von Brando, sein Gehabe, die Motorräder und die Handlung durchaus eine Rock'n'Roll-Begleitung verdient hätten

Dies zu den Legenden, und nun einige Anmerkungen zur deutschen Realität der musikalischen Jugend-Kultur in den 50er Jahren. Auf der einen Seite geraten Jugendliche in den Fokus von neuen Absatzstrategien der Unterhaltungsindustrie als eine kompakte Zielgruppe für spezifische Konsumaktivitäten – etwa in den Bereichen Mode, Kino, Film und Musik. Hier spielen Schlager eine wichtige Rolle, auch angloamerikanische Hits, vor allem über Hollywood-Filme vermittelt. Rock'n'Roll gehört mit zunächst exotischer Seltenheit zu diesem Angebotsrepertoire und zielt vorwiegend auf die Avantgarde der "Halbstarken", in der Regel eher noch als Jazz, denn die Jazzströmungen der 50er Jahre – Bebop, Progressive Jazz, Cool Jazz, Third Stream usw. – verstehen sich nicht als "Jugendmusik", als Angebot für den jugendlichen Musikmarkt, sondern als moderne, anspruchvolle Musik für Musikfans – allerdings einer kleinen Gruppe von Insidern gleich welchen Alters.5 Jugendliche Jazzfans dominieren allerdings, obwohl sie in der Gesamtheit der Jugendlichen nur eine kleine Randgruppe darstellen. Zwischen den Vorlieben der verschiedenen Milieus innerhalb der Jugendkultur gibt es Schnittmengen, in denen Swingbands, Rhythm & Blues, Schlager, amerikanische Hits, Rock'n'Roll und Jazz zu finden sind.6





Die Jazzfans

Soziographisch entstammen sie in der Regel der bürgerlichen Mittelschicht, als Schüler zählen sie zu einer kleinen Gymnasiasten-Avantgarde, die älteren Jazzfans betonten in der NS-Zeit als "Swingheinis" ihre Abneigung gegen Hitlerjugend und völkische Ideologie durch Begeisterung für die angloamerikanische Swingmusik der Zeit. Unter den jungen Jazzfans lässt sich die Untergruppe der Modernisten benennen, die Cool- und Modern Jazz hören und lieben, Sartre lesen (oder es zumindest vorgeben!), Juliette Gréco verehren, die Jazzkeller des Quartier Latin in Paris oder auch das "Domicile" in Frankfurt auch mal aufsuchen und fasziniert den schwarzen amerikanischen Gastmusikern in den einschlägigen Clubs lauschen. Die sogenannten "Exis" (Existenzialisten), mit Rollkragenpullover, meist schwarzer Kleidung, Cäsarenschnitt, Pfeife, US-Parka u.a. Accessoires eines alternativ-exklusiven jugendlichen Lebensstils nach amerikanischem Vorbild sehen sich als Avantgarde.

Etwas weniger streng in ihrer Musikwahl und auch mehr Unterhaltungshörer als "Jazzmusikexperten"7 gibt sich die andere, größere Untergruppe, die Liebhaber des Oldtime-Jazz. In nahezu jedem Gymnasium der 50er Jahre findet sich eine derartige Gruppe, ihre Musik ist auf Schülerpartys gefragt, es wird dazu getanzt und amüsiert (die Modernisten dagegen bestehen vorwiegend auf konzentriertem Zuhören, diskutieren leidenschaftlich über ihre Musik - sie tanzen nicht).


Die Rock'n'Roll- Fans

Auf der anderen Seite des Jugendkulturspektrum die Rocker, die "Halbstarken": eine Art Avantgarde der Kinder von Arbeitern und kleinen Angestellten, ebenfalls eine den Jazzfans vergleichbar kleine Gruppe. Ihre Ausdrucksformen des Andersseins zeigen sich in den Musikvorlieben (Rock'n'Roll), in der Mode (Bürstenhaarschnitt bzw. Elvistolle, Lederoutfit, Jeans) und in ihrem oft recht provokanten Auftreten gegenüber den "ordentlichen" Bürgern.8 Ordnung, Anstand, Sauberkeit stehen für Werte der scheinbaren Reaktion auf die schlimme NS-Vergangenheit, zugleich verlängern sie aber auch deren Konzept der völkischen Gemeinschaft in die Nachkriegsgegenwart. Überhaupt haben viele Propagandainhalte der NS-Zeit immer noch in der Gegenwart der 50er Jahre Bedeutung: die Aversion gegen amerikanische Kultur, gegen "Niggermusik", gegen allzu wilde Tänze.9 Unkorrektheit ist in der biederen Republik verpönt und von der Norm abweichendes Verhalten bieten die Rock'n'Roller genügend. Dies haben sie durchaus mit den Jazzfans gemein, die natürlich durch die kulturellen Traditionen der konservativen Eltern- und Lehrerschaft mit ihren Lebensstilformen ebenfalls Widerspruch und Abwehr ernten. Die Rock'n'Roller allerdings, die "Halbstarken" – so nennt sie die zeitgenössische Presse anlässlich ihrer öffentlichen Krawalle – wecken noch stärkeren Widerstand.

Die in den Medien sehr stark aufgebauschten "Halbstarken-Krawalle" ereignen sich keineswegs nur bei Rock'n'Roll-Veranstaltungen, andere Auslöser für den nötigen Impuls zur Verhöhnung der bürgerlichen Ordnung gibt es immer wieder. Manche Beobachter der Szene vermuten gar, dass gerade in der marktschreierischen Berichterstattung der Presse und dem Interesse der Medien die Motivation zustande kommt, die solche Krawalle überhaupt entstehen lässt.10

Die vermutlich erste Auseinandersetzung während einer Musikveranstaltung findet in Hamburg anlässlich eines Jazzkonzerts (!) mit Louis Armstrong statt: Am 17.10.1955 kommt es zur Saalschlacht in der Ernst-Merck-Halle, weil Armstrong das Konzert frühzeitig abbricht (er ist körperlich indisponiert) und die frustrierten Jugendlichen beginnen, den Saal auseinander zu nehmen, Polizei mischt sich ein, auf der Straße geht die Auseinandersetzung mit etwa 7000 Jugendlichen weiter.11 Sicherlich kämpfen die Jugendlichen nicht um Rock'n'Roll, Armstrong spielt hier Mainstream-Jazz. Die treibende, swingende, auch auf gewisse Höhepunkte hin konzipierte Musikdramaturgie wirkt auf jeden Fall "amerikanisch", verspricht einen Musikgenuss, der noch vor kurzem in der NS-Zeit verpönt war (wenn auch nicht im strengen Sinn verboten12). Und er verfügt über das rhythmische Potential, eine kollektive Ekstase auszulösen (die leicht in Vandalismus umkippen kann).

Rock'n'Roll kommt auf die internationale Bühne 1955 nach dem Start des Films BLACKBOARD JUNGLE (SAAT DER GEWALT)13, in dem als Filmmusik unter den Credits und dem Abspann der Titel "Rock around the clock" von Bill Haley and his Comets zu hören ist. Ein beispielloser Erfolg für diese Art Musik, der international den Durchbruch des Rock'n'Roll auslöst, auch in Deutschland. Haleys Titel aus dem Vorjahr hatte sich zunächst bei seiner Plattenveröffentlichung nicht als sehr zugkräftig erwiesen. Mit dem Film zusammen jedoch entsteht einer der größten Hits der Popmusikgeschichte.

Der Verfasser dieser Zeilen sieht als ein damals 17-jähriger mit Entsetzen diesen Film im Kino und erbost sich mit seinen Schulfreunden, alles brave Gymnasiasten, gemeinsam darüber, dass ihre amerikanischen Altersgenossen mit so unglaublicher Brutalität mit sich, ihren Lehrern und auch – ganz besonders schlimm – mit der Jazzplattensammlung ihres Musiklehrers umgehen (die sie mutwillig völlig zerstören). Als damals eingeschworener Jazzfan, vorwiegend den modernen Strömungen des Cool und Hardbop verfallen, hat sich mir der Rock'n'Roll nicht nur wegen seiner musikalischen Einfachheit, sondern gerade wegen dieser Einbindung in einen gewalttätigen Kontext in der Jugendszene nachdrücklich festgesetzt als ein Medium für "jugendliche Asoziale und tendenziell Kriminelle". Vermutlich hat genau diese Verbindung von jugendlichem Protestverhalten der Filmhandlung mit der Vor- und Abspannmusik wie ein Fanal den Widerstand vieler Jugendliche gegen Eltern, Autoritäten und - aus ihrer Sicht - sinnlose Konventionen mit einem musikalischen Signal versehen. Rock'n'Roll steht von nun an für eine andere Kultur, nämlich die der Jugendlichen, die eine deutliche Alternative zur herrschenden Nachkriegskultur der Anpassung und der kleinbürgerlichen "Wohlanständigkeit" suchten, die hier behaupten konnten: "Das ist unsere Musik, nicht Eure!".

Aber wie schon gesagt: die Verfechter dieser Gegenkultur bleiben zunächst in Deutschland eine Minderheit. Und die korrespondierende Gegenkultur der Jazzfans, ebenfalls eine Minderheit, lehnt den Rock'n'Roll weitgehend ab, obwohl seine Wurzeln neben anderen musikindustriell eingebundenen Stilen (wie Country & Western) in die schwarze Musikszene der 40er Jahre zurückreichen, zum Rhythm & Blues, der, wenn man so will, dominierenden Unterhaltungsmusik der Schwarzen in den USA. Daß Rock'n'Roll einer Marktsteuerung der Musikindustrie entstammt, ist heute kein Geheimnis mehr. Es ist ihr überzeugend gelungen, den zu beobachtenden Trend weißer Jugendlicher zu den Race Records, der schwarzen Musik für den schwarzen Musikmarkt, umzubiegen zu einer neuen, etwas geglätteten (von ternärer zu binärer Rhythmik gewandelten und in klar gegliederten melodischen Floskeln und relativ reduzierten Improvisationsteilen stark an den Rhythm & Blues erinnernden) Musikstilistik, eben den Rock'n'Roll.


AUSSER RAND UN BAND

Mehr noch als die Initialzündung durch BLACKBOARD JUNGLE – übrigens ein künstlerisch durchaus überzeugend gemachter Film von Richard Brooks – löst der von der amerikanischen Filmindustrie alsbald auf den Markt geworfene und durch eine gewisse stilistische Bandbreite wohl auch als Test des jugendlichen Musikgeschmacks intendierte Film ROCK AROUND THE CLOCK (AUSSER RAND UN BAND )14 so etwas wie eine jugendliche Massenhysterie aus. Diesmal auch zu sehen und nicht nur zu hören: Bill Haley and his Comets mit "Rock around the clock", "Mambo Rock", "See you later, Alligator", "ABC Boogie" und anderen Titeln und Musikstars wie The Platters, Tony Martinez, Freddy Bell and the Bellboys. Beteiligt ist auch Alan Freed, der Radio-Discjockey, der viel dafür getan hat, den weißen amerikanischen Jugendlichen schwarze Musik, den Rhythm & Blues, nahe zu bringen, und damit auch für den Rock'n'Roll eine Schlüsselfunktion ausübte.

Ausgerechnet dieser dramaturgisch und filmkünstlerisch belanglose Film15 löst eine enorm um sich greifende Welle von Krawallen aus, in Europa, in Japan und auch in Deutschland. Im September 1956 finden u.a. in Oslo nach der Filmvorführung Straßenaufläufe statt, mehrere tausend Jugendliche stören den Verkehr, werfen Scheiben ein, prügeln sich mit der Polizei. Ähnliches ereignet sich in Manchester am 11. September 1956: dort beginnen die Unruhen bereits im Kino, man tanzt auf den Stuhlreihen, setzt Feuerlöscher in Betrieb. Auf der Strasse geht es weiter mit Geschrei: "Hey mambo – mambo rock!"16 In London schließlich (am 15. September) warten Teddy-Boys vor dem Kino nach der Vorstellung und provozieren die Besucher, bis es zu einer Prügelei kommt. Schließlich kämpfen 3000 Jugendliche gegeneinander und überdies mit 300 Polizisten. In verschiedenen Städten Englands ergehen Vorführverbote, auch in Holland wird nach ersten Krawallen der Film verboten.17 Zum ersten Mal in der Filmgeschichte kommt es in Österreich zu einem Verbot des Films für Jugendliche unter 16 Jahren allein wegen der Musik. Der Film lasse "massensuggestive Wirkung auf Minderjährige befürchten".18

Aber auch in Deutschland kocht die jugendliche Seele voller Begeisterung über. So in Bremen Anfang November 1956. Im Kino am Ostertor kommen bei jedem Musikstück Trillerpfeifen, Autohupen, Musikinstrumente zum Einsatz. Bis spät in die Nacht folgen Krawalle auf dem Marktplatz, aus der Menge erschallt lautstark die Botschaft: "Rock'n'Roll!" Und so geht es weitere Abende, es wird sogar – erstmals nach dem Krieg – ein Wasserwerfer eingesetzt.19 Auch andere deutsche Städte können entsprechende Aktivitäten vorweisen, im Jahr 1956 ereignen sich über 70 Großkrawalle.20


Oldenburg – wo bleibt die Sittenpolizei?

Auch durch Oldenburg sollte der Rock'n'Roll-Orkan toben, entpuppt sich allerdings hier als milde Brise. Das Ziegelhof-Kino zeigt ab dem 14.12.1956, also fast drei Monate nach dem Deutschlandstart (21.9.1956) dieses berüchtigten Jugendaufputschmittels den Film AUSSER RAND UND BAND. Die Kino-Annonce mildert leicht verfälschend das Ereignis im Vorfeld ab: "Ein Jazz-Festival im Film für alle Freunde der Jazz-Musik im neuen Stil".21 Es wäre durchaus angebracht, diesen Film als Rock'n'Roll-Film zu annoncieren. Aber diese "Jazz"-Zuordnung kann wohl so gedeutet werden, dass sie dem Oldenburger Kinopublikum suggeriert, hier handele es sich um den weitaus seriöser beleumundeten "Jazz" (s.u.), zumal inzwischen auch Oldenburg über eine kleine Jazzfan-Gemeinde verfügt. Gleichwohl wittert man ähnlich Fürchterliches wie in deutschen Großstädten. In der Lokalzeitung Nordwest-Zeitung berichtet ein "FH" schon am nächsten Tag, am 15.12.1956, ganz erleichtert über die Oldenburger Erstaufführung. Es

"war schon am Nachmittag Polizei erschienen, wahrscheinlich weil von einer durch die Rhythmen wild gemachten Jugend Krawalle erwartet wurden. Zum Lobe des jungen Volkes und der Polizeibeamten sei ausdrücklich festgestellt, dass die einzige Begleiterscheinung dieses Streifens eine ausgesprochen gute Laune war. Nicht nur bei dem Nachwuchs, nein, auch bei den Uniformierten, die – ebenso wie der Berichterstatter – ihren Heidenspaß an diesem herrlichen Ulk hatten.[…] Hauptsache ist die "heißgekochte" Musik, sind die begeisternd verrückten Tanzeinlagen […] Man sollte diesen Streifen nicht wichtiger machen als er ist, sondern ihn "verkonsumieren" wie ein mit Schwung zubereitetes Omelette. Guten Appetit!"


Ja, so sahen dies die Oldenburger "Gourmets". Allerdings scheint aber auch so etwas wie ein größerer Auflauf geplant gewesen. Ein Zeitzeuge aus der Oldenburger Jazzszene22 erzählt auf die Frage nach Rock'n'Roll-Krawallen:

"Den einen nachgemachten hier, der auf dem Pferdemarkt stattfand, wo wir in der Schule schon gesagt bekamen, wenn wir dahingehen, fliegen wir von der Schule. Wir durften uns nicht sehen lassen da. Das war natürlich schlecht für uns, weil wir das auch gerne gesehen hätten oder mitmachen wollten. Es ging das Gerücht, Freitags um halbdrei oder halbvier treffen wir uns. Die Schüler schlichen außen herum, immer mehr Jugendliche kamen, dann auch Polizei. Es sollte wohl ähnlich wie in anderen Städten werden. Dann machte sich die Menge auf in Richtung Staulinie und - löste sich aus unerfindlichen Gründen auf! Auch aus Angst vor der Polizei."23


Ungewöhnlich vielleicht, dass der "Oldenburg-Krawall" vor der ersten Filmvorführung stattfinden sollte, denn diese beginnt am fraglichen Freitag erst um 15.30 Uhr.

Jazzer fühlten sich von diesem Event zwar nicht groß angesprochen, aber die Neugier plagte sie auch.

Zum ersten Mal taucht übrigens "Rock'n Roll" im Programm der Weser-Ems Halle am 1. Dezember 1956 auf. Die Ankündigung allein schon erschreckt einen Oldenburger Bürger so sehr, dass er noch vor dem Ereignis, am 29.11.1956, einen Leserbrief an die örtliche Nordwest-Zeitung schreibt:

"Für Sonnabendabend ist in der "Weser-Ems-Halle" Rock'n Roll angekündigt. Dieses Stück müßte in Oldenburg verboten werden, da es überall Radau, Schlägerei und groben Unfug in anderen Städten unter den Jugendlichen beiderlei Geschlechts hervorgerufen hat. Wo bleibt die Sittenpolizei? L.S., Damm"


Der empörte Leser hat offenbar von den seit September in deutschen Großstädten zu beobachtenden Krawallen anlässlich des Films AUSSER RAND UND BAND gehört oder gelesen und vermutet, dass ähnliches sich hier nun auch abspielen könnte. Allerdings handelt es sich in Oldenburg um eine Musikshow mit Interpreten, die man vielleicht nicht zu dem Genre Rock'n'Roll rechnen würde: Sie wird mitgestaltet von den King Kols mit einer "Rock'n Roll-Parodie" - ein eher musikkabarettistisches Trio um Fred Kinglee, der auch als Conférencier agierte - , Lou van Burg, Peter René Körner, Bill Bell and his Rockets (wer auch immer das gewesen ist) und u.a. auch ein ominöser "Negersänger" namens Al "Fats" Edwards aus Harlem/NewOrleans (er arbeitete damals häufiger in Europa, in Paris und Wien und gehört wohl dem Blues-Kontext an).

Weitergehende Krawall-Erfahrungen können die Oldenburger Kulturbeflissenen vermutlich nicht verzeichnen.

Jazz in Oldenburg

Mit wenigen Ausnahmen rekrutieren sich die Oldenburger Jazzfans in den 50er Jahren aus Gymnasiasten. Da treffen sich einige zum Schallplattenhören in einem Radiogeschäft (Radio Tiemann), wo oft sogar moderner Jazz, etwa von Charlie Parker, gehört und diskutiert wird. Die meisten Jugendlichen besuchen eine städtische Einrichtung in der "Brücke der Nationen", die gelegentlich im Programm auch Jazzveranstaltungen anbietet. In diesem "Haus der Offen Tür" begegnen sich Jugendliche unterschiedlichster Herkunft, nicht nur Gymnasiasten, auch Lehrlinge und andere Gleichaltrige. So taucht auch eine Gruppe von Lehrlingen auf, die sich eher dem Rock'n'Roll verschrieben haben. Mit jugendlicher Arroganz und dem Gefühl, etwas Besonderes, etwas "Höheres" zu verkörpern, streben die Jazzfans alsbald nach einem exklusiveren Treffpunkt, exklusiv im engeren Wortsinn. Den Ort ihres ersten Jazzkellers finden sie mit Hilfe und Unterstützung des Jugendamts der Stadt Oldenburg 1959 im Keller des historischen Degode-Hauses aus dem Jahr 1502, einem der letzten mittelalterlichen Gebäude Oldenburgs mit einem interessanten Gewölbekeller. Hier soll ihre Musik erklingen, hier wollen sie unter sich sein, gemeinsam mit Gleichgesinnten ihre Lieblingsmusik hören. Hier entsteht ihr "Jazzclub Alluvium 1502" mit etwa 20 Mitgliedern im Gründungsjahr, zumeist Jugendliche um die 20 Jahre, Gymnasiasten und ehemalige Gymnasiasten.

"Keller" als Ort der Jazzbegeisterung ist als pragmatische Lösung eine sinnvolle Wahl (Lautstärke!), zum anderen aber auch ein Raum emotionaler Befindlichkeiten, der das Anderssein, das Gefühl, von der Masse ihrer Zeitgenossen eher geächtet und ausgeschlossen zu sein, hervorragend repräsentiert. In vielen deutschen Städten gibt es damals vergleichbare "Jazzkeller". Und auch die Melancholie des dunklen Kellers mit seinen Jazzballaden prägt eine besondere, für damalige Jugendliche gelegentlich höchst reizvolle Stimmung.

"Ich muß ganz ehrlich sagen, dass ich häufig bei langsamen Stücken Tränen in den Augen gehabt habe.… Da war ich in einer Stimmung, ach was ist die Welt doch schlecht… Das mag auch am Alter gelegen haben, als Pubertierender..."24



"Jazzkeller" im Oldenburger Degode-Haus (oben) und im neuen Domizil in der Zeughausstrasse (unten)

(Fotos: Archiv Tammo Koch, Oldenburg)



Die jungen Jazzfans verstehen sich als Individualisten, als Einzelgänger, gar als "Existenzialisten". Rock'n'Roller sind bei ihren Treffen unerwünscht:

"Die Rock'n'Roller wollten wir hier nicht haben! […..] Es gab damals schon so eine Art Gesichtskontrolle."25

"Rock'n'Roll war für uns eine Musik, die uns nicht begeisterte, die zu einfach war. Die auch ein Publikum hatte, das wir nicht mochten!.[...].Wir haben die gesehen, haben sie wahrgenommen. Wir haben aber nicht mit denen gesprochen. Wir wussten, dass es sie gab. Das war 'ne andere soziale Schicht."

"In unserer Arroganz waren wir aggressiv. Leute, die nicht so ähnlich dachten, die nicht das gleiche "feeling" hatten, nicht die gleichen Informationen wie wir, die hatten im Grunde ganz schlechte Karten. Wurden angemacht und "verarscht".26


Als historische Feststellung und nicht abwertend oder arrogant äußern die Jazzfans heute die Überzeugung: "Jazz war eindeutig eine Klassenmusik".27

Der junge Jazzclub veranstaltet im Jazzkeller seine Abende, mit Livemusik, Schallplattenmusik, auch gelegentlich mit selbst verfertigten Vorträgen über Jazz und Bildende Kunst. Es erscheint ein "Lokales Jatzmagazin Alluvium", herausgegeben von Klaus Beilstein, einem angehenden Grafiker und späteren bekannten Oldenburger Künstler. Immerhin versuchen sich einige der jungen Leute auch als Musiker, beschäftigen sich mehr oder weniger erfolgreich mit amerikanischer Musik. Dabei gehören die Vertreter der modernen Richtungen (Hardbop, Cool) eher einer Minderheit an. Erfolgreicher auch beim Publikum und wirksamer zum Tanzen und Amüsieren erweist sich die Oldtime-Musik (die das in den 40er Jahren in den USA wieder erstandene New Orleans-Revival imitiert). Damals gründet sich die noch heute agierende "Flower Street Jazzband" (benannt nach ihrem ersten Übungskeller in der Oldenburger Blumenstrasse, seit 1957)28 und auch die "Stau City Stompers": Beide Formationen haben häufig Auftritte im Jazzkeller, spielen aber auch bei Schulfesten und anderen einschlägigen Gelegenheiten.

Schwierigkeiten haben die jungen Jazzfans durchaus mit ihren Elternhäusern und mit ihren Lehrern. Immer noch wirkt dort die NS-Propaganda gegen die "Niggermusik" nach. Vielleicht auch deswegen, weil die Oldenburger NS-Tradition stark ausgeprägt war in diesem Land, in dem bereits vor 1933 als erstem deutschen Land eine NS-Regierung das Sagen hatte.29

Die jungen Oldenburger Jazzavantgardisten jedoch wollen eine neue Kultur, eine, die sich von derjenigen ihrer Eltern und der offiziellen Unterhaltungskultur in den deutschen Medien abhebt, eine Musik von höherer Qualität soll es sein. In der Schule finden sie dafür kein Verständnis, die Lehrer verlangen nachdrücklich, sich dieser Kultur zu entziehen. "Negermusik war absolut entartet, auch in der Nachkriegszeit noch!"30

Obwohl es bei den meisten in erster Linie um Unterhaltung und besondere emotionale Erlebnisse geht, gibt es doch einige wenige Jazzfans, die politische Ansprüche mit ihrem Lebensstil verbinden. Mit der neuen Bundeswehr wollen etliche nichts zu tun haben, die Atombewaffnung löst Angst aus, Kriegsdienstverweigerung stellt eine durchaus wichtige Position dar. "Max" Steffens, der erste 1. Vorsitzende des Oldenburger Jazzclubs, gründet in Oldenburg die erste Initiative zur Kriegsdienstverweigerung.31 Gegen eine Werbeveranstaltung der Bundeswehr auf dem Pferdemarkt wird demonstriert, für einige der Jazzfreunde interessiert sich gar die Polizei bei dieser Gelegenheit und verhört sie, legt eine Akte an, in der ihre Jazzbegeisterung als bedenkliches Kriterium Eingang findet.

Die Jugendlichen verhalten sich durchaus ambivalent in ihrer Haltung gegenüber den USA. Einerseits gibt es Aversionen gegen die Siegermacht des 2. Weltkriegs, auch gegenüber den neuen militärischen Aktivitäten (Koreakrieg, Atombewaffnung u.a.). Andererseits liebt man die amerikanische Musik der Schwarzen, auch die der weißen Jazzmusiker, diverse Symbole aus der amerikanischen Lebenswelt gelten auch in dieser Szene etwas, haben zum Teil gar Kultcharakter: Jeans, die rote Lederjacke von James Dean, Parkas, US-Schallplatten u.a.m.


Nachdem das Oldenburger Bauordnungsamt 1960 feststellt, dass der Keller des Degodehauses nicht die baupolizeilichen Anforderungen erfüllt, muss der Jazzclub 1960 umziehen. Ein neues Domizil findet sich im Souterrain einer Schule in der Zeughausstrasse, der Jazzclub "Alluvium 1502" kann hier weiter seiner Musikleidenschaft frönen. Hier startet ein reichhaltiges Programm an Livejazz, Schallplattenabenden, Vorträgen und auch gelegentlich Kunstausstellungen (so gibt es am 25. September 1960 Arbeiten von Clubmitgliedern zu sehen, so u.a. von Klaus Beilstein und Hartwig Kahlke).


"Halloh die Enten!"

Die Oldenburger Fans des Rock'n'Roll unterscheiden sich deutlich von den Jazzfans, hier wie auch generell in Deutschland.32 Vorwiegend Lehrlinge, haben sie im Vergleich zu den Jazzern aufgrund ihrer Berufstätigkeit zwar nicht viel, aber immerhin etwas mehr Geld zur Verfügung als die Schüler. Nicht alle gehören einer Moped-Clique an – das kostet für viele auch noch zu viel Geld –, aber in der Fahrradstadt Oldenburg muss eben der Drahtesel als Transportmittel ausreichen. Ganz anders als die Jazzfans können sie sich nicht an einem festen Treffpunkt wie dem Jazzkeller versammeln (dort verwehren ihnen unsere recht arroganten Jazzfreunde den Zutritt). Es bleiben eine Reihe von Kneipen, die sich vor allem auch durch eine Musikbox mit den aktuellen Rock'n'Roll-Titeln auszeichnen, etwa die "Marktbörse" am Pferdemarkt oder "Keppel" in der Lindenstrasse.33 Der Pferdemarkt fungiert wohl als das Zentrum der Rockertreffs, hier befinden sich die "Marktbörse" und ein beliebtes italienisches Eiscafé (Chiamulera) gegenüber. Und auch die Mopedfans versammeln sich gern hier, um den Mädchen mit ihren Maschinen zu imponieren. Ein zeitgenössischer Oldenburger Stadtfilmausschnitt zeigt die jungen Leute mit ihrem Anhang und der Kommentar stellt säuerlich fest: "Ihr allgemeines Auftreten in der Öffentlichkeit lässt viel zu wünschen übrig!"34

Im Gespräch mit einem ehemaligen Mitglied des Oldenburger Rock'n'Roll-Clubs wird deutlich, dass die Animositäten zwischen Jazzfans und Rockfans noch heute nachwirken. Immer noch freut er sich nachträglich, dass es ihm damals gelungen ist, einem Jazzfan, der dazu noch recht arrogant Ansprüche anmeldete, eine Platte in einem Plattengeschäft vor der Nase wegzukaufen. Und umgekehrt ärgern sich noch heute – allerdings nicht mehr so ganz ernst und eher belustigt über ihre damaligen Attitüden – Jazzfans darüber, dass bei einem Jazzkonzert mit Lionel Hampton am 27.12.1957 in der Oldenburger Weser-Ems Halle eine Gruppe von Rock'n'Roll-Fans anwesend war und einer von ihnen von der Galerie auf die Bühne sprang, um dort mit Lionel Hampton wild zu tanzen. Und das gefiel natürlich Lionel Hampton, der begeistert mitmachte (die Situation wiederholte sich eine Woche später, am 6.1.1958, in Stuttgart)35. Die Jazzfans dagegen fühlten sich zutiefst beleidigt.

" Die Rocker hatten mehr Mut, sprangen auf die Bühne. Für uns als Edeljazzfans war das eine Blasphemie! Das wäre uns nie eingefallen. Das war Verrat. Unsere Musik, die uns so heilig war… Und plötzlich kamen irgendwelche Rock'n'Roller. Das war unsere Musik. Was wollten die da!?"


Der Rock'n'Roller, der als erster den Mut hatte auf die Bühne zu dem amerikanischen Star zu springen, hatte übrigens bezeichnenderweise den Spitznamen "Mozart". Insgesamt scheint dieses Konzert jedoch beim Publikum gut angekommen zu sein. So berichtet die Oldenburger Nordwest-Zeitung drei Tage später:

"Lionel Hampton wurde herzlich und stürmisch gefeiert, aber von Rummel oder Hexenkessel konnte man auch bei den hochgradigen Rhythmen des "Superman" Vibraphon-Solos nicht sprechen. Wenn auch einige wie Eishockey-Kapitäne verkleidete Rock'n-Roller etwas Ähnliches "organisieren" wollten und ganz zum Schluß auch einen kleinen Erfolg buchten. Die Stimmung, auch die Erwartung war gewiß zu festlich (nicht nur auf Grund der Eintrittspreise). Die schwarzbestrumpften 16jährigen und die ledergerüsteten Mopedrennfahrer blieben in einer verschwindenden Minderheit, und Mitglieder des Oldenburger Kulturausschusses waren nicht gekommen, um Klamauk zu sehen, sondern um das Gastspiel eines der ersten Jazz-Orchester der Welt nicht zu versäumen."36


Und so bleibt der Spaß der Rock'n-Roller nur ein "kleiner Erfolg", genauso wie die Empörung der Jazzfans auch nur als empfindsame Reaktion einer kleinen Randgruppe zu werten ist. Zumindest aber scheint diese Veranstaltung keinen Anlass geboten zu haben, Widerstände und Beschimpfungen bei den öffentlichen Kulturfunktionären auszulösen. Erleichtert kann die Lokalpresse feststellen, dass nur eine "verschwindende Minderheit" ihre Abweichungen von bürgerlichen Dresscodes und Verhaltenweisen ohne besonders zu stören zum Ausdruck bringen konnte.








Diese originale Eintrittskarte zu dem Hampton-Konzert stammt aus dem Album eines der Rock'n'Roll-Fans37. Sie hatten sich als Club organisiert und sogar einen Clubausweis geschaffen.




Natürlich wird hier vollmundig Größe und Bedeutung suggeriert, die den tatsächlichen Gegebenheiten dieser Freundesgruppe nicht unbedingt gerecht wird. So sind die USA-Verbindungen frei erfunden und der "V"-Mann im Ausland ist ein 1957 in die USA ausgewanderter Freund und Club-Mitglied, jedoch nicht in dieser geheimnisumwitterten Funktion.38 In der gleichen Gruppe kommt es auch zur Gründung eines weiteren Clubs, des "1. Oldenburger Halbstarken-Clubs". Sehr witzig dabei die Anforderungen an die Mitglieder, die deutlich machen, wie Elemente der "Halbstarken"-Krawalle nach Rock'n'Roll-Filmen zum Repertoire einer gelungenen "Aufnahmeprüfung" gehören. Übrigens hatten auch die Jazzfans in den Anfangsjahren ein vergleichbares Aufnahmeritual für ihren Jazzclub "Alluvium": Interessenten mussten eine "Aufnahmeprüfung" bestehen, in der ganz ernsthaft Fakten aus der Jazzgeschichte abgefragt wurden.




Ein weiterer Unterschied lässt sich auch in der Beziehung zum Alkohol feststellen: bis Ende der 60er Jahre ist Alkoholausschank im Jazzkeller nicht gestattet (dies resultiert aus der Oberaufsicht des Oldenburger Jugendamts), noch heute bestehen ehemalige Mitglieder darauf (ohne allerdings die kanalisierende Funktion des Jugendamts zu nennen):

"Unter den Cool-Leuten war Alkohol damals irgendwo verpönt. Einen klaren Kopf zu behalten, war eigentlich Pflicht. Existenzialismus und Alkohol war absolut nicht zu vertragen. Da hätten wir uns was vergeben".39

Dies also die Meinung der "coolen" Fraktion unter den Jazzfans. Im Oldtime-Lager sieht man die Alkoholfrage weniger streng und auch bei den Musikern selbst gehört die anregende Befeuchtung einfach zur meist staubigen Praxis des Musikmachens dazu. Von einschlägigen Debatten unter den Rock'n'Roll-Fans ist nichts bekannt.

Oldenburgs Jazz- und Rocksituation scheint in den 1950er Jahren der allgemeinen Situation in der Bundesrepublik Deutschland zu entsprechen. Zwar gibt es in den Metropolen wesentlich mehr Anhänger und auch jugendliche Musiker des modernen Jazz wie auch des Rock'n'Roll als in der Provinzstadt Oldenburg, aber Herkunft und kulturelle Zugehörigkeit zu den sozialen Milieus der Jazzfans und der Rock'n'Roll-Fans entsprechen sich.40


Wie spiegeln sich Jazz- und Rockfans im Film der Zeit?

Siegfried Kracauer hat darauf hingewiesen, dass Filme trotz versuchter Einflussnahme auf Einstellungen und Meinungen des Publikums aufgrund ihres Entstehungs-, Wahrnehmungs- und Verwertungsprozesses kollektive Einstellungen und Meinungen repräsentieren und transportieren.

"Die Filme einer Nation reflektieren ihre Mentalität unvermittelter als andere künstlerische Medien, und das aus zwei Gründen:

Erstens sind Filme niemals das Produkt einer Individuums […] Da jeder Filmproduktionsstab eine Mischung heterogener Interessen und Neigungen verkörpert, tendiert die Teamarbeit auf diesem Gebiet dazu, willkürliche Handhabung des Filmmaterials auszuschließen und individuelle Eigenheiten zugunsten jener zu unterdrücken, die vielen Leuten gemeinsam sind.

Zweitens richten sich Filme an die anonyme Menge und sprechen sie an. Von populären Filmen – oder genauer gesagt, von populären Motiven auf der Leinwand – ist daher anzunehmen, dass sie herrschende Massenbedürfnisse befriedigen."41


Und ganz im Sinne dieser Überlegung verhält sich etwa der Film JAILHOUSE ROCK42, in dem 1957 Elvis Presley im Sold der Musikindustrie zahlreiche Songs auf den Markt wirft, der jetzt Ende der 50er Jahre sich in einen Massenmarkt für jugendliche Adressaten zu entwickeln beginnt. Und zwar für solche Jugendliche, die nicht besondere Kulturangebote erwarten – etwa neuen Jazz -, sondern die sich auf der Welle der gerade angesagten Begeisterung für den zunehmend massentauglichen Rock'n'Roll und die heißeren Varianten der amerikanischen Popmusik tummeln. Sicher sind sie nicht als junge bürgerliche Intellektuelle zu bezeichnen, sondern folgen einem neuen, gegenüber dem der Elterngeneration alternativen Massengeschmack. In einer bezeichnenden Szene dieses Films kommt es deutlich zum Ausdruck, dass Elvis Presley, als Prototyp des Stars dieser jugendlichen Masse, intellektuell ansprechender Musik sehr ablehnend gegenübersteht. Eingeladen von seiner Managerin – Tochter eines Professors – zu einer Hausparty bei ihrer Familie, wird er dort freundlich begrüßt. Man will auf ihn, der gerade eine Zuchthausstrafe abgesessen hat, als Musiker eingehen und legt eine Platte auf, die neuen Jazz bringt (von einem fiktiven Musiker namens "Stubby Ritemeyer", wahrscheinlich eine West Coast Formation um den Trompeter Shorty Rogers). Die intellektuellen Gäste unterhalten sich über diese Musik, benutzen auch etwas Fachjargon und nennen andere Musiker der aktuellen Jazzszene. Elvis, gefragt von einer älteren Dame, was er davon halte, antwortet brüsk "Lady, I don't know what the hell you're talking about" und verlässt wütend das Haus.43 Diese Aggression gegenüber intellektuellem High Brow Jazz und auch gegen dessen intellektuelle Zuhörer spiegelt deutlich die Position der (von der Musikindustrie modellierten) Rock'n'Roller: Rebellen von unten, Musiker auch mal im Gefängnis, ihre Fans die Masse unverbildeter Musikliebhaber, die Bands oftmals vom Land und meist ordentliche junge Leute. Der Unterhaltungsjazz, die Swingbattles, der Harlem Jump, der mitreißende Schwung des Rhythm & Blues scheint uninteressant geworden, er markiert nicht mehr eine alternative Jugendmusik, er löst nicht mehr, wie gerade noch kurz vorher, Saalschlachten aus. Es ist dies die Zeit, in der sich Jazz generell als Kunstform etabliert, in der sich aus einer Tanzmusik – wie es noch in der Swing-Ära die Regel war – eine Hörmusik entwickelt, in der die musikalische Begleitung jugendkultureller Revolte nicht mehr mittels Jazz funktioniert. Was immerhin in den späten 30er und 40er Jahren als exzessive jugendliche Tanzstile, wie Lindy Hop oder Jitterbug, reussierte, gehört jetzt schon zur Swingvergangenheit. Neue Musik für die rebellische Avantgarde der Jugendlichen heißt jetzt Rock'n'Roll – obwohl nahe verwandt und vereinfachend abgeleitet aus dem Rhythm & Blues. Die zugehörigen Tänze ähneln zwar dem alten Jitterbug, zumindest in ihrer akrobatischen Version, doch sie erscheinen ebenfalls etwas vereinfacht und geglättet.

Immerhin hatten deutsche Tanzschulen (der Verfasser dieser Zeilen hat es als Schüler dort erlebt) bereits "Jive", eine gesittete Form des Boogie-Woogie-Tanzens auf dem Programm, das eine brave Möglichkeit bot, zu aktueller Rock'n'Roll-Musik zu tanzen.44

Und diesem Bild entsprechen auch die im deutschen Film der späten 50er Jahre gezeigten Tanz- und Musikpraktiken der "Jugendszene".

Im Folgenden werden die Filme außer Acht gelassen, die für das breite Kinopublikum der Zeit produziert, als Musikkomödien so tun, als beschäftigten sie sich mit der Jugendszene und mit Jazz. Etwa die Filme mit Peter Alexander oder Peter Kraus und Conny Froboess. Da werden die "jungen Leute von heute" in altväterliche Verwechslungskomödien verwickelt, da spielen Schüler so perfekt wie eine Rundfunkbigband, da proben "Jazzmusiker" auf einer Almwiese und ähnlicher Unsinn mehr. 45


Es lässt sich generell konstatieren, dass die Rollentypage "Jazzfan" oder "Rock'n'Roller" in jenen deutschen Filmen, die etwas anspruchsvoller Jugendprobleme aufgreifen wollen und sich an ein jugendliches Publikum richten, schlicht so aussieht: die Jazzfans sind die Guten, die jungen Leute, die ihre Musik lieben, die zugleich auch recht gebildet und anspruchsvoll miteinander diskutieren. Und die Rock'n'Roller repräsentieren die Bösen. So etwa in dem Film von Bernhard Wicki Warum sind sie gegen uns?46, der 1958 erschien und einige Preise errang. Eine junge Angestellte aus der bürgerlichen Mittelschicht hat einen Freundeskreis, der über Kunst und Musik diskutiert, Kunstausstellungen und den Jazzkeller besucht. Dummerweise verliebt sie sich in einen Lehrling aus einer Arbeiterfamilie, dessen Freunde einer Motorradclique angehören, auf den Fußballplatz gehen, Schwierigkeiten mit der Obrigkeit haben und in deren Kneipen eine Rock'n'Roll-ähnliche Musik gemacht und entsprechend getanzt wird. Sie kritisiert seine Lederjacke ("Uniform"), sein Motorrad (wegen des Drecks wäre ihr eine Vespa lieber). Der junge Arbeiter versucht sich ihr anzupassen, tauscht sein Motorrad gegen einen Motorroller, geht mit zu den Treffen ihres Freundeskreises, wirkt dort recht deplaziert und kann sich auch an den Diskussionen nicht beteiligen. Mit ihren Eltern gibt es Schwierigkeiten, sie missbilligen diese Beziehung entschieden. Der Streit mit ihnen eskaliert, er trennt sich von seiner Freundin. Am Ende zieht der Arbeiter wieder mit seiner alten Clique umher. Also doch, wie einer unserer Oldenburger Interviewpartner feststellte: "Jazz ist Klassenmusik" (s.o.)?

Ein anderer Film - UND NOCH FRECH DAZU47 - bekräftigt und verstärkt diese Einschätzung. Es gibt hier recht anspruchsvolle Jazzmusik zu hören (u.a. spielen Albert Mangelsdorf und Oskar Pettiford mit), deren Anhänger junge Musiker sind, die sich in einem Jazzlokal treffen. Eine Motorradrocker-Gruppe gerät mit ihnen in Streit: die Schwester eines Rockers verliebt sich in den Chef der Jazzer. Auch hier trennen jugendkulturelle Welten die beiden Gruppen. Auf der einen Seite Motorräder, Lederkleidung, brutale Umgangsformen, kriminelle Aktivitäten, lautstarker Rock'n'Roll in ihrer Kneipe ("Little Gerhard" singt in der Jukebox "Fatty goes fat"). Bei den Jazzern bleibt alles gesittet, in ihrem Club wird Jazz gespielt und vorwiegend gehört. "Warum wird denn hier nicht getanzt?", lästert einer der Rocker, die im Jazzclub Streit suchen. "Ekelhafter Krach" sei diese Musik. Allerdings wird dramaturgisch nicht so sehr die Behauptung "Jazzmusik ist Klassenmusik" verfolgt, sondern eher die Behauptung "Jazzer sind gut, Rocker sind kriminell". Denn der Chef der Jazzgruppe arbeitet als Lehrling in derselben Autowerkstatt wie einer der Rocker. Verschiedene Bildungs- und Lebensstilkonzepte definieren die Unterschiede und bilden zugleich die sozialkulturelle Botschaft der Produzenten.

Auch der bekannte Film mit Horst Buchholz, DIE HALBSTARKEN48 passt in dieses Konzept. Immerhin im Jahr der Halbstarken-Krawalle um den Film AUSSER RAND UND BAND zeigt dieser Film wiederum Jugendliche mit großen Problemen, die sich kriminell verhalten. Martin Böttchers Bigbandswing präsentiert aber keinen Rock'n'Roll und erreicht auch nicht die musikalische Schärfe von Brandos THE WILD ONE oder James Deans REBEL WITHOUT A CAUSE, obwohl sie die alternative Musik dieser revoltierenden Jugendlichen abgeben soll (sie wird diegetisch von der Jukebox abgerufen). Zum damaligen Zeitpunkt wäre dafür sicherlich nur Rock'n'Roll in Frage gekommen. Obwohl die Jugendlichen dieses Films nicht "ordentliche" Jazzfans darstellen, sondern "Halbstarke", werden sie von einem zum Zeitpunkt etwas veralteten Jazzstil begleitet.

Das Halbstarken-Problem beschäftigte auch die Filmindustrie in der DDR. Ein DEFA-Film von 1957, BERLIN – ECKE SCHÖNHAUSER,49 zeigt Jugendliche, die allerlei Alltagsprobleme bewältigen müssen, teilweise dabei auch kriminell werden (u.a. falsche West-Pässe organisieren), auch in den Westen ausweichen, dort Marlon-Brando-Filme ansehen, aber schließlich doch in die schwarzweiße Realität der DDR zurückkehren. Die Musik scheint nicht weniger modern (bzw. noch nicht ganz dem amerikanischen Rock'n'Roll entsprechend) als in den BRD-Filmen, es dominiert Bigband-Boogie, offenes Boogie-Tanzen ist zu sehen, gelegentlich sind Rock'n'Roll-Anklänge zu hören. "Wenn ich an der Ecke stehe, bin ich halbstark, wenn ich Boogie tanze, bin ich amerikanisch, wenn ich das Hemd über der Hose trage, ist das politisch falsch" wirft ein junger Maurer seinem Bruder, einem Volkspolizist, ironisch vor. Jugendcliquen zetteln Pöbeleien auf der Straße an, selbst gegen Volkspolizisten. Die Jazzszene als Gegenszene kommt indessen nicht vor, obwohl in diesen Jahren eine heftige Diskussion zwischen Kulturfunktionären und Jazzliebhabern stattfindet und gelegentlich Verbote und illegale Aktivitäten auslöst. Offenbar scheint es damals offiziell nicht möglich, die Formel von den "guten Jazzern und den bösen Rockern" im Film zu gebrauchen. Bei den Anhängern des Rock'n'Roll, den "Halbstarken", war man sich in Ost und West dagegen weitgehend einig im Hinblick auf das von der jeweiligen Norm ab weichende Verhalten.50

Ein weiterer Film dieser Jahre führt in die Amateurjazzwelt der Bundesrepublik in den späten 50er Jahren, ein Dokumentarfilm namens JAZZBANDITEN,51 der Entwicklung und die Unterhaltungspraxis eines Düsseldorfer Jazzclubs, des "Basin Street Clubs", zeigt. Selbst wenn einiges gestellt und heute doch recht betulich wirkt, vermittelt der Film authentische Amateurjazzfreuden. So ähnlich dürfte es auch im Oldenburger Jazzclub Alluvium zugegangen sein. Tatsächlich spielt im Juni 1960 eine der Hausbands des Oldenburger Jazzkellers, die Flower-Street-Jazzband, als Vorprogramm live im Ziegelhof-Kino zur Oldenburger Vorführung dieses Films.52 Es kann gefolgert werden, dass in gewisser Weise die jungen Jazzavantgardisten wie auch die Freunde des Oldtime-Jazz an den jugendlichen Randzonen der bundesrepublikanischen Kulturszene akzeptiert werden, selbst wenn ihre subjektive Einschätzung sie weiter draußen, jenseits des Grenzgebiets bürgerlicher Kultur verortet.

Zu echten Grenzüberschreitungen kam es übrigens bei der Oldenburger Kinovorführung von Elvis Presleys JAILHOUSE ROCK am 23.9.1958 in den Alhambra-Lichtspielen. Der Film sollte für Jugendliche unter 16 Jahren nicht zugänglich sein. Jedoch ließen Kassiererin und Platzanweiserin 34 namentlich festgestellte Jugendliche unter 16 Jahren ins Kino. Die beiden Kinobediensteten wurden angeklagt, gegen Regelungen des Jugendschutzgesetzes von 1957 verstoßen zu haben. Fünf Polizisten und weitere 12 Personen sollten als Zeugen im Verfahren gegen die Angeschuldigten vor dem Jugendrichter aussagen.53 Was war so schlimm dabei? Die Musik Presleys? Die harmlosen Liebesszenen? Oder gar Elvis' wütende Ignoranz des modernen Jazz im bürgerlichen Wohnzimmer?



1 Vgl. dazu auch Bloemeke1996, S.12-15

2 REBEL WITHOUT A CAUSE (DENN SIE WISSEN NICHT, WAS SIE TUN), USA 1955, R: Nicholas Ray, M: Leonard Rosenman; EAST OF EDEN (JENSEITS VON EDEN), USA 1955, R: Elia Kazan, M: Leonard Rosenman; GIANT (GIGANTEN), USA 1955, R: George Stevens, M: Dimitri Tiomkin; alle drei Filme kamen 1955/56 auch in die deutschen Kinos.

3 Vgl. Tarasov 2005

4 THE WILD ONE (DER WILDE), USA 1953, R: László Benedek , M: Leith Stevens

5 Vgl. dazu Maase 1992, S.103, 177-190 u.a.m.

6 Vgl. Maase 1992, S.103

7 Vgl. Adorno 1962, S.24-29

8 Vgl. Kaiser 1959, S.175-178

9 Vgl. Ziehe 1986, 254

10 Vgl. dazu Kaiser 1959, S. 174

11 Kraushaar 1996, S.1096; vgl. auch Kaiser 1959, S. 174, der u.a. darauf hinweist, dass die Berichterstattung der Boulevardpresse in hohem Maße für die Großkrawalle verantwortlich zu sein scheint.

12 Vgl. Ritzel 1992

13 R: Richard Brooks; Deutsche Erstaufführung am 28.10.1955.

14 R: Fred F. Sears, M: Fred Karger, Bill Haley and the Comets, The Platters, u.v.a., Deutsche Erstaufführung 21.9.1956)

15 In diesem Film versuchte die Musikindustrie der amerikanischen Öffentlichkeit und ihren Autoritäten, die sich an manchen Orten gegen die neue Rock'n'Roll–Mode lebhaft zur Wehr setzten, glaubhaft zu machen, dass die Rock'n'Roll-Musiker und ihre Fans ordentliche junge Leute vom Lande sind und ihrer Leidenschaft für Musik und Tanzen in absolut harmlosen und ehrlichen Ausdrucksformen nachgingen.

16 Kraushaar II, S. 1439, 1443

17 Kraushaar II, S. 1467

18 Kraushaar II, S. 1444, 1448

19 Kraushaar II, S. 1500-1501

20 Vgl. Eichstedt/Polster 1985, S.99-102; auch Kaiser 1959, S.125

21 NORDWEST-ZEITUNG vom 14.12.1956

22 Tammo Koch, geb. 1938, damals Schüler, später Musik- und Kunstlehrer an einer Oldenburger Realschule.

23 Kisters, Ritzel 1988

24 Tammo Koch in Kisters, Ritzel 1988

25 Erich Michler, wahrscheinlich das einzige Arbeiterkind und Handwerkslehrling (Tischler) in der Clique der Jazzfans, 1988 im Interview, vgl. Kisters/Ritzel 1988. In späteren Jahren betrieb er als Gastwirt eine Kneipe im Degode-Haus, dessen Keller einstmals als der erste Jazzkeller des Oldenburger Jazzclubs "Alluvium" fungierte.

26 Tammo Koch und "Max" Steffens in Kisters, Ritzel 1988

27 Tammo Koch, Oldenburger Musiker des Jahrgangs 1938, bei einem Interview am 3.7.1985.

28 Vgl. Ahlers, W. / Dannemann, G.: Flower-Street-Jazzband Oldenburg, Oldenburg 1983

29 Vgl. etwa Schaap 1983, S.121 ff. Der Verfasser dieser Zeilen kann sich aus seiner eigenen Erinnerung aus der hessischen Großstadtregion Offenbach/Frankfurt nicht an derart ausgeprägte Aversionen gegenüber Jazz in der Schule erinnern, die Jazzleidenschaft der Schüler wurde eher gefördert und als Ausweis von Modernität verstanden – sicherlich eine Auswirkung der Großstadtregion und der damalige Jazzmetropole Frankfurt.

30 Tammo Koch, Oldenburger Musiker des Jahrgangs 1938, in einem Gespräch am 3.7.1983

31 Vgl. Barbara Schilling in der Nordwest-Zeitung vom 24. November 1984

32 Vgl. Maase 1992, S.177-185

33 Auskünfte über die Rockerszene in Oldenburg gab an Terminen im Dezember 2006 freundlicherweise und sehr kenntnisreich ein früheres Mitglied dieser Gruppe, Dieter Richter, Friedrich-Naumann-Str. 100, 26125 Oldenburg

34 Vgl. Kisters, Ritzel 1988

35 Vgl. Kaiser 1959, S. 177

36 NORDWEST-ZEITUNG vom 30.12.1957

37 Dieter Richter, vgl Fußnote 33.

38 Sein bürgerlicher Name lautet Dietmar Schuh (Auskunft von Dieter Richter).

39 Vgl. Kisters, Ritzel 1988

40 Laut einer statistischen Zusammenstellung, die Hegele 1961, S. 8 mitteilt, verweisen die unterschiedlichen Musikpräferenzen auf die jeweilige schulische Herkunft, bei Volks- und Mittelschülern haben nur 1,2 % Interesse an Jazz (die Werte für Klassische, Opern und Operettenmusik liegen doppelt so hoch, aber alle unter 5%!), dafür begeistern sich aber 76,6,% für Schlagermusik und 12% für Volkslieder. Ganz anders verteilen sich die Vorlieben bei Oberschülern, von denen 18,8 % gern Jazz hören (25% Klassische Musik, 10 % Opern und Operettenmusik), dagegen nur 35% Schlager. Vgl. dazu auch die empirischen Untersuchungen der Shell-Studien, herausgegeben vom Jugendwerk der Deutschen Shell (ab 1953).

41 Kracauer 1979, S.11

42 JAILHOUSE ROCK (RHYTHMUS HINTER GITTERN), USA 1957, R: Richard Thorpe; Deutsche Erstaufführun am 5.4.1958.

43 Vgl. Gabbard 1996, S.124-126

44 Vgl. Eichstedt/Polster 1985, S.98

45 LIEBE, JAZZ UND ÜBERMUT, BRD 1957, R: Erik Ode, M: Heinz Gietz; CONNY UND PETER MACHEN MUSIK, R: Werner Jacobs, M: Charly Niessen, Werner Scharfenberger, Gerhard Froboess; HULA-HOPP, CONNY, BRD 1958, R: Heinz Paul, M: Charly Niessen u.a.; vgl. dazu Hoffmann 2002, S.259-285

46 Warum sind sie gegen uns?, BRD 1958, R: Bernhard Wicki, M: Hans-Martin Majewski

47 UND NOCH FRECH DAZU, BRD 1959, R: Rolf von Sydow, M: Ernst Simon

48 DIE HALBSTARKEN, BRD 1956, R: Georg Tressler, M: Martin Böttcher

49 BERLIN – ECKE SCHÖNHAUSER DDR 1957, R: Gerhard Klein, M: Günter Klück

50 Vgl. dazu Peters 2005, S.39; Rudorf 1964, S. 39 u.a.

51 JAZZBANDITEN – DIE STORY DES BASIN STREET CLUBS, BRD 1958, R: Bodo Ulrich, M: Chris Barber, Louis Armstrong

52 Vgl. Ahlers/Dannemann 1983

53Anklageschrift des Oberstaatsanwalts bei dem Landgericht, adressiert an das Amtsgericht, vom 12.Juni 1959.



LITERATURVERZEICHNIS


Adorno, Theodor W.: Einleitung in die Musiksoziologie, Frankfurt a.M. 1962

Ahlers, W. / Dannemann, G.: Flower-Street-Jazzband Oldenburg, Oldenburg 1983

Bloemeke, Rüdiger: Roll over Beethoven. Wie der Rock'n'Roll nach Deutschland kam, St. Andrä-Wördern 1996

Eichstedt, Astrid/Polster, Bernd: Wie die Wilden. Tänze auf der Höhe ihrer Zeit, Berlin 1985

Gabbard, Krin: Jammin' At The Margins. Jazz And The American Cinema, Chicago/London 1996

Hegele, Günter: Heisse Liebe und heisse Musik, München 1961

Bernd Hoffmann: Liebe, Jazz und Übermut. Der swingende Heimatfilm der 1950er Jahre, in: Phleps, Thomas (Hg.): Heimatlose Klänge? Regionale Musiklandschaften – heute -, Karben 2002 (Beiträge zur Popularmusikforschung 29/30)

Kaiser, Günther: Randalierende Jugend, Heidelberg 1959

Kisters, Andreas/ Ritzel, Fred: Früher waren wir die Kings : Rückblenden in die Oldenburger Jazzszene der 50er Jahre, Oldenburg: Hochschulinternes Fernsehen der Universität 1988 (Videofilm)

Kracauer, Siegfried: Von Caligari zu Hitler. Eine psychologische Geschichte des deutschen Films, Frankfurt a.M. 1979 (Original Princeton 1947)

Kraushaar, Wolfgang: Die Protestchronik 1949-1959, Bd. II. 1953-56, Hamburg 1996

Maase, Kaspar: BRAVO Amerika: Erkundungen zur Jugendkultur der Bundesrepublik in den fünfziger Jahren, Hamburg 1992

Peters, Christian: Halbstark mit Musik: Der Rock'n'Roll erobert Deutschland, in: Stiftung Haus der Geschichte der BRD/Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.): Rock! Jugend und Musik in Deutschland, Berlin 2005

Ritzel, Fred: "Aber dem Publikum gefällt sie!" - Jazzmusik im Unterhaltungsfilm der Nazizeit, in: Musik und Unterricht H.17/1992,S.36-44

Rudorf, Reginald: Jazz in der Zone, Köln/Berlin 1964

Schaap, Klaus: Oldenburgs Weg ins 'Dritte Reich', Oldenburg 1983

Tarasov, Nik: James Deans Beziehung zur Blockflöte und zur Musik, in: Windkanal 3/2005, Fulda 2005; http://www.windkanal.de/images/stories/PDF/2005-3/Windkanal_2005-3_James-Dean-und-Blockfloete.pdf

Ziehe, Thomas: Die alltägliche Verteidigung der Korrektheit, in Bucher, Willi / Pohl, Klaus (Hg.): Schock und Schöpfung. Jugendästhetik im 20. Jahrhundert, Darmstadt u.a. 1986, S.254-258