Dieser Text wurde 1997 bei der Filmmusik-Biennale in Bonn vorgetragen. Darüber hinaus ist er nicht veröffentlicht. Seine Benutzung (auch in Teilen) ist nur nach Rücksprache und Erlaubnis durch den Autor gestattet.
Fred Ritzel (Oldenburg 1997)
MORE THAN YOU KNOW - Musikpräsentationen als dramaturgische Orte in Spielfilmen der 80er und 90er Jahre
In meinem Beitrag geht es um "Musikauftritte", um die filmischen Präsentationen von "Musik", um "Musik im On", kurz: um "Musiknummern", oder - wie Lothar Prox es im Hinblick auf den Wahrnehmungsanspruch von derartiger Musik formuliert - "Inseln der Autonomie".
Ich glaube allerdings nicht, daß dies für die im Film eingebettete Musiknummer eine besonders charakteristische Beschreibung ist. Höchstens für diejenige im schlechten Film. Denn: Als "autonome Inseln der Ökonomie" durchziehen Musikpräsentationen die Filmgeschichte, bis hin zum eigenständigen Genre des Videoclip. Dabei haben sie eine höchst unterschiedliche Rolle im Hinblick auf die Filmdramaturgie gespielt. Im schlechtesten Fall eben die Rolle des rücksichtslos in eine Filmhandlung hineingezwängten musikalischen Produktplacements - der Film als Werbeträger für Musikwaren, ob klassische oder populäre - und deren Interpreten.
Seit den 80ern hat die Musikpräsentation für ein jugendliches Massenpublikum eine neue Qualität bekommen - sie erscheinen eng verschmolzen mit ihrer visuellen Präsentation im Videoclip. Fernsehsendungen habe sich zu zentralen Medien des Primärkontakts mit zeitgenössischer populärer Musik entwickelt, zumindest für deren Mainstream. Sowohl die sog. Konzept- wie die Performancevideos und deren Mischformen beanspruchen inzwischen Normalität.
Dabei hat diese Art der Musikpräsentation, die visuell-mediale, eine lange Tradition. Bereits vom Beginn der Filmgeschichte an gibt es das audiovisuelle "Songplugging" - so könnte man auch heute die ökonomisch-funktionale Form der Videoclip-Präsentation von Musik bezeichnen. Von den "Live model song slides" über die Tonbildschauen, die frühen Tonfilme (z.B. ST.LOUS BLUES, USA 1928), Musikfilme, die Talkies, die Tanzfilme, die Clips u.ä.m. zieht sich ein Band der Musikpräsentation durch die Filmgeschichte, das vermutlich kaum mehr durch wirklich neue Konzepte im Medium Film weitergeführt werden kann.
Mein Versuch war von der Neugier und dem Wunsch getragen, charakteristischen Ausprägungen der filmischen Musikpräsentation im normalen Spielfilm der 80er und 90er Jahre nachzugehen. Ich fürchte allerdings, kaum etwas prinzipiell Neues gefunden zu haben, allenfalls stilistische Modifikationen und dramaturgische Vorlieben. Eher peripher erscheinen mir die Auswirkungen der Clip- und Werbeästhetik, deren zeitliche Kurzperspektive sie doch deutlich vom Spielfilm unterscheidet. Und Manierismen, wie die monströse Häufung schneller Schnitte und das gnadenlose Schneiden auf den Beat oder die quadrierten Normzäsuren der Phrasen, Sätze und Perioden eines Songablaufs oder auch die Übernahme bestimmter Figurenkonzepte (Farben, Attitüden, Gesten etc.) sind vielleicht als lokale stilistische Eigenschaften neu, stiften jedoch keine neuen dramaturgischen Profile.
Was den Spielfilm im Vergleich mit anderen audiovisuellen Angeboten immer noch stark prägt und für unverwechselbare Wahrnehmungserlebnisse sorgt, sind seine vielfältigen Möglichkeiten zur komplexen Entfaltung dramaturgischer Spannungen - ganz anders als beim Videoclip, der audiovisuellen Musiknummer der populären Postmoderne, die in kürzester Zeit zur Sache kommen muß.
Eine These läßt sich formulieren, die ich an einigen Beispielen plausibel machen will: die "Musiknummer" des neueren Spielfilms ist vielfältig durchzogen von dramaturgischen Linien und Partikeln der Filmerzählung, oft sogar Ort einer zentralen Phase der Filmhandlung. Dies an sich wäre nicht neu - bereits in den 30er Jahren galt es als dramaturgischer Fortschritt, wenn Musiknummern handlungsbezogen eingesetzt wurden, die besseren Filmmusicals der Zeit etwa zeigen dies.
Die "Musiknummern" des heutigen Films erscheinen dagegen komplexer, auf mehreren, oft allen Ebenen mit dem dramaturgischen Geschehen der Filmerzählung verflochten.
Dies erfolgt meist raffinierter, als es in dem folgenden Beispiel geschieht (aus: DESPERADO (R: Robert Rodriguez, US 1995, D: Antonio Banderas, Salma Hayek, Quentin Tarantino, Steve Buscemi u.a., M: Los Lobos; Remake von EL MARIACHI, US 1992), das aber in grotesker Weise die ins Auge gefaßte Charakteristik zeitgenössischer "Musiknummern" im Film zeigt:
Ein Liebeslied wird vorgetragen (Salma Hayek singt "Quédate aqui", komponiert von Mildred Villafane), die Handlung des Filmes, Verfolgung eines Mariachi-Sängers, wartet jedoch nicht ab, sondern greift währenddessen ein.
Groteske Kontrapunktik: ein zartes, fast gehauchtes Liebeslied, dazu eine sich nähernde Mörderbande, die mit großer Knallerei in zeitgemäßer Comic-Brutalität abserviert wird, eine Schock-"Kadenz".
Das nächste Beispiel (aus: DIE FABELHAFTEN BAKER BOYS (R: Steves Kloves, US 1989/90; K: Michael Ballhaus; D: Michelle Pfeiffer, Jeff und Beau Bridges) formuliert differenzierter.
Die FABULOUS BAKER BOYS, ein Klavierduo, zwei Brüder, die sich Gedanken über ihre Zukunft machen müssen. Diese Art der Live-Tanz- und Unterhaltungsmusik mit einem Evergreen-Programm in amerikanischen Hotels und Bars droht außer Mode zu kommen. Das Engagement einer Sängerin könnte Überlebenshilfe leisten.
Das bislang ergebnislose Vorsingen von insgesamt 36 Bewerberinnen ist bereits beendet, da kommt ganz verspätet noch eine letzte Interessentin, fast mit einem Unglücksfall. Sie stolpert über die Türschwelle und fällt hin. Obwohl die Brüder keine Lust mehr haben, noch eine weitere Sängerin anzuhören, erzwingt Susi das Vorsingen. Sie handelt sehr bestimmt und konsequent, die beiden müssen nachgeben, gleichwohl genervt und unwillig-höflich.
Hier wird nicht nur ein Lied ("More than you know" ; M: Vincent Youmans; T: William Rose, Edward Eliscu; 1929) vorgesungen, sondern die Art und Weise, wie dies filmsprachlich geschieht, bewegt mehrere Schichten der Handlung. Dabei gibt es nur einen verkürzten Durchlauf des Songs, nur eine Periode des Liedes, das aber als vollständig suggeriert wird (was aus Gründen der Filmökonomie recht häufig vorkommt).
Zunächst die musikalische Qualifikation der Bewerberin: Davon zeugt der Start dieses Vorsingens in eindrucksvoller Weise mit der kleinen Debatte über das geeignete Tempo. Der Pianist beginnt zuerst mit Tempo 84, dann nach Intervention von Susi, startet er erneut mit 66. Sie aber beginnt noch langsamer, reduziert das Tempo auf 60, und der Pianist folgt ihr ohne Widerstand. Ohne das da etwas gesprochen wird, vermittelt die musikalische Realisation: Susi beherrscht ihr Metier professionell, trotz ihrer Hinweise auf ihre bisher eher abseitige Berufstätigkeit als Hostess in einem Stundenservice. Spannung und Intensität bei so einem langsamen Tempo zu halten, ist recht schwierig, aber auch sehr wirkungsvoll. Und Susi kann das ganz gut.
Dann die Kommunikation zwischen den Personen, ihre filmsprachliche Profilierung:
Es fällt auf, daß der Ausgangspunkt von "More than you know", wie bei den zuvor montierten 9 Probesingen, in einer starren "Amerikanischen Einstellung" gezeigt wird. Sobald aber der intensive Gesang anfängt, setzt sich die Kamera anders als zuvor sehr langsam in Bewegung und saugt sich allmählich an die Sängerin heran. Dies tut sie von da an bei allen drei Perspektiven, bei Susi, Jack und Frank. Aus der Wahrnehmung des äußeren Raums der Szene und der Akteure verlagert sich die Wahrnehmung in den Innenraum der Personen, deren Näherrücken zugleich die Zunahme von Intensität und Aufmerksamkeit bedeutet. Offenkundig geraten die Brüder in den Bann der Sängerin, die sie beeindruckt und überzeugt!
Trotz aller Konzentration und Intensität des Singens: Sie bemerkt das Aufmerksamwerden ihrer "Prüfer", erst sieht sie zum einen, dann zum anderen - und dann lächelt sie, siegessicher ?!
An dieser Stelle lautet der Text: "Wether you´re right, wether you´re wrong, Man o´my heart, I´ll string along (mit nachdrücklichem Akzent)." Und dann im Wechselschuß mit Jack, dem Pianisten: "You need me so, more than you´ll ever know." Ein Hinweis auf künftige Verwicklungen, in die Jack trotz Warnungen des Bruders hineingerät und letztlich nicht zufriedenstellend lösen kann.
Kalkul, Intensität und Überzeugungskraft: Susi hat das Heft in der Hand, die Männer geben nach - und all dies wird auf der ästhetischen Ebene sehr prägnant und ohne großes filmsprachliches Formulierungstheater zum Ausdruck gebracht. Bei Susis Frage nach dem Ergebnis: "Und?" erübrigt sich die Beantwortung, natürlich wird sie engagiert...
Auch die filmische Artikulation des Musikstückes bleibt einfach, richtet sich mit den Schnitten im wesentlichen nach den Ablaufzäsuren der Vokal- und Klavierphrasen. Trotz anderer Wahrnehmungsspannungen tritt das Lied als ästhetisches Objekt nicht in den Hintergrund. Allerdings: wegen der kaum merkbaren Verkürzung - wenn man so will - mit beschädigter "Autonomie".
Übrigens: "More than you know" hatte bereits eine eher verunglückte Filmpremiere, gesungen 1929 von Joan Crawford in dem MGM-Film GREAT DAY!, dessen Dreharbeiten scheinbar nach 10 Drehtagen abgebrochen wurden.
Die Folge der Auftritte von Michelle Pfeiffers Susi erzählt die Geschichte des Films in einer Kette von Stationen auch auf der filmästhetischen Schiene. Zunächst Schwierigkeiten und Unfälle, sicherlich symbolisch für die von Anfang an problematische Zusammenarbeit der jungen, attraktiven Sängerin mit dem eher abgehalfterten Klavierduo und seinem Nostalgieprogramm. Beim nächsten Auftritt häuft es sich: sie kommt zu spät, ist unpassend angezogen, wird überstürzt eingekleidet, Mikrophonrückkopplung, keiner klatscht, Mikro funktioniert nicht, heftiger Regen im Hintergrund des Auftritts, zudem verpatzt Susi den Einsatz, verliert ihre Merkzettel, sucht sie während des Vorspiels am Boden, ihre Begleiter singen notgedrungen die Verse des ersten Songs selbst, erst mit dem Refrain ist Susi dabei usw.
Aber: am Ende des Auftritts zeigt es sich: das Publikum hat doch zugehört und es hat ihm gefallen.
Der nächste Auftritt geschieht bei besserem Wetter, die Sonne scheint durch die Glasscheiben im Hintergrund. Susi hat das Publikum im Griff, bestimmte filmsprachliche Aspekte verweisen auf ihre wachsende Dominanz (symmetrische Randposition der Pianisten, Perspektivenwechsel vom Publikum auf die Bühne und umgekehrt, Ansätze zur Kameraeinkreisung des Stars), und ihr Name ist jetzt auf dem Plakat der größte, der Blickfang.
Die Auftritte (es folgen weitere vergleichbare) erfahren jeweils eine ganz spezifische visuelle Ausprägung, die zwar stets der Musik den nötigen Raum läßt, aber zugleich den anstehenden Handlungsakzent verdeutlicht.
Übrigens handelt es sich bei dem, wie wir noch sehen werden, sehr wirkungsvollen Kameramann um Michael Ballhausen. Das nächste Beispiel wird in einer für eine Musiknummer (oder auch für einen Starauftritt) völlig ungewöhnlichen Sichtweise gezeigt. "The look of love" hebt sich zweifach heraus: einmal handelt es sich um eine Plansequenz, zweitens aber um einen "Liebesblick" der Kamera, deren Perspektive nun aus einer völlig ungewöhnlichen Perspektive mit einer ungwöhnlichen Fahrt, die nun unzweideutig die Beherrschung des Publikums demonstriert.
Susi kontrolliert jetzt das Publikum, dafür die bisherigen Mühen: Machtposition als Hochgefühl - "The look of Love". Die Pianisten treten hinter ihr zurück, werden zum Ornament, zu Begleitern am Rande des Geschehens... Sie beherrscht die Mitte, steht im Licht des Scheinwerfers, sie singt ihm zu, dem Publikum: "I love you so!" - und dieses beklatscht sie heftig.
Im nächsten Beispiel ("Making Whopee") erreicht die Beziehungs-Karriere der Susi im Hinblick auf ihren Partner Jack einen Höhepunkt mit einer filmästhetisch sehr herausgehobenen Inszenierung.
Sie trägt erstmals ein rotes Kleid, das einzige mal bei ihren sieben Liedauftritten: die Farbe der Liebe und Leidenschaft, aber auch Symbol für das göttliche, aktive, männliche Prinzip. Unschwer läßt sich die Semantik von "Making whoopee" um die erotische Komponente erweitern und zuspitzen. Und unschwer zeigt sich das Hierarchiegefälle im Konzept der Sequenz.
Es geht ihr um die Beziehung zu Jack; sie ist der Star, er dagegen wird recht untertänig und dienend gezeigt.
Drei große Teile gliedern den Auftritt, inhaltlich und filmsprachlich deutlich ausgearbeitet.
Another bride (Bräutigam), another due (?)
another sunday, honeymoon
another season, another reason
for making whoopee!
A lot of juice, a lot of rice
the groom (Stallbursche; aber auch syn. "Bräutigam") is nervous, he answers twice
it´s really gruelling (strapaziös), that he´s so willing
to make whoopee!
Bridge:
Picture a little lovenest
down where the roses ling (?)
picture that same sweet lovenest,
think what a year can bring:
He´s washing dishes, and baby cloth´s
he ´s so ambitious, he even soared
but don´t forget, folks, that´s what you get, folks,
for making whoopee! (4x)
Danach steigt die Göttin herab zu ihrem Diener "for making whoopee"; und auch hier beherrscht sie die Situation, bestimmt die Perspektiven. Und jeder weiß: nun wird´s wohl endlich mit den beiden mal klappen. Aber auch: eine Bindung auf Dauer scheint nicht das Ziel. Dazu wirkt Jack zu schwach und Susi zu kalkuliert.
Vielleicht ein Hinweis auf die syntaktische Struktur der Liedsequenz: Daß die wenigen Schnitte (4 Einstellungen, wovon die 2. die beiden Umkreisungen enthält) nicht mit den musikalisch-syntaktischen Zäsuren korrespondieren, sondern höchstens einmal im inneren Schnitt einen gestischen Akzent verstärken (nämlich den Beginn der 2., der längsten Einstellung, der aber mitten in das Zwischenspiel zum 2. Vers fällt), könnte als ein Zeichen erreichter Selbständigkeit des Stars gedeutet werden. Aber dieses langsame Raubvogelkreisen der Kamera schärft natürlich auch die Intensität der musikalischen Wahrnehmung.
In der Folge der Auftritte entwickelt sich die Geschichte der Frau mit den beiden Partnern im professionellen und privaten Kontext in mehreren Stufen bis hin zum Aueinanderbrechen der Beziehungen, zur Auflösung des Männerduos, zum Weggang der Frau. Der "kleine Bruder", der Pianist, muß dabei auch den Prozeß der Ablösung aus seiner langjährigen Abhängigkeit vom Bruder vollziehen, eine Abhängigkeit, die ihn auch von seiner eigentlichen musikalischen Leidenschaft, dem Jazz, weitgehend ferngehalten und ihn an der Entfaltung seines musikalischen Ausdruckspotentials behindert hatte. Die weiteren Perspektiven bleiben offen....
In diesem Film erhält das Publikum kaum dramaturgisches Gewicht, es bleibt meist im Halbdunkel. Die Schwierigkeiten des Duos mit seiner Sängerin bewegen die Handlung voran und prägen, jeweils spezifisch, die Folge der Musikauftritte. Dichte Beziehungen bestehen zwischen der filmsprachlichen Formulierung, dem Charakter und den Texten der Songs und dem psychischen Prozess der Beziehungen.
Ganz anders werden in den folgenden Filmbeispielen die Parts des Publikums ausgestaltet. In dem Film THE COMMITMENTS ( Irland 1991, R: Alan Parker, M: div. Soulmusiken, B: nach dem Roman von Roddy Doyle, D: Andrew Strong, Maria Doyle, Angeline Ball, Branagh Gallagher u.a.) verkörpert das Publikum die permanente Resonanz- und Projektionsfläche der Commitments, dieser "härtesten Arbeiterband der Welt", wie ihr junger arbeitsloser Selfmade-Manager und Debutant in diesem Job sie annonciert. Abgesehen von ihrer zumeist geliehenen schwarzen Kleidung: Sie gehören zur gleichen sozialen Schicht, zum gleichen kulturellen Kontext wie ihr Publikum. Und dieses bejubelt, was die Band in ihren Allmachtsträumen als unaufhaltsame Musikerkarriere glaubt zu verkörpern. Der Alltag dieser jungen, fast ausnahmslos arbeitslosen Musiker in Dublin und ihrer Umgebung wird von dem Film in hohem Tempo, in skurril wechselnden Montageformen und witzigen Kollisionen präsentiert. Auf der Bühne stehen dieselben Leute wie im Publikum, das nicht nur als Modell für das Kinopublikum fungiert, sondern einen dramaturgisch aktiven Part hat.
Auf den ersten öffentlichen Auftritt der neu gegründeten Commitments möchte ich kurz eingehen. Die beiden Stücke bieten zwar eine recht passable Realisation von Soulmusik - als Musiknummern könnten sie durchgehen -, aber sie unterscheiden sich doch erheblich von der üblichen Präsentationsweise. Es gibt bei der Montage der Sequenz keine Dominanz des Lead-Sängers, keine Dominanz der Bühne überhaupt, sondern die Kommunikationen verlaufen quer durch den Raum und verknüpfen eine Fülle von Ereignissen, Beziehungen und Vorgeschichten in recht hohem Tempo.
Vergleichsweise häufig werden die aktiven Anteile des Publikums filmsprachlich entfaltet, das nicht nur als homogene Reaktionsmasse fungiert, sondern strukturiert ist von Einzelpersonen mit eigenen kleinen Aktionen (Jimmy und die Jungen am Mischpult; Mickah als Ordner; Outspans Mutter etc.). Der Auftritt steckt voller Beziehungsgeschichten, voller kleiner Unfälle und Jokes; vielfältig durchkreuzen Vorgeschichten und Seitenentwicklungen das Geschehen und führen insofern in höchst dynamischer Weise die Handlung weiter.
Der bescheidene Alltag der jungen Leute, ihre Fantasien von großen Musikauftritten, ihre ritualisierten Marotten (Joey die Lippe und seine Brüder) nehmen für sich ein in ihrer Spontaneität und ihrem enormen Optimismus. Allerdings wirken sie aber auch etwas großsprecherisch, die ständige ironische Distanzierung vom erhabenen Karriereziel der Band durch vielfältige filmsprachliche Situationskomik scheint ihr Scheitern unabwendbar auf der filmästhetischen Schiene anzukündigen. Jeder der Gruppe hat unverwechselbare Eigenheiten, keiner tritt als Star völlig in den Vordergrund. Alan Parker gelingt eine sehr überzeugende Schilderung einer jugendlichen Subkultur voller Power und Vitalität (ähnlich wie ihm das auch bei FAME, 1979 gelungen war).
Der Sänger Deco etwa, der seinen Dubliner Soul wirklich recht eindringlich singen kann, versucht immer wieder, sich in den Vordergrund zu spielen und chargiert allürenhaft als Soulstar-Kopie, ruft damit aber den Zorn seiner Mitmusiker hervor (wie auch das verständnisvolle Amüsement des Publikums), die sich nicht als "seine" Gruppe in den Hintergrund drängen lassen wollen. Und umgekehrt zeigt er sich genervt, wenn die Mädchen der Gruppe mal eine eigene Nummer singen, und dies noch dazu durchaus erfolgreich [vgl. die Präsentationen von Mr. Pitiful (Otis Redding/Steve Cropper, ca. 1964/65) und Bye Bye Baby (Mary Wells, 1959)].
Mit diesen beiden Stücken beginnt im Film ein Serie von Auftritten, die mit wenigen Ausnahmen mehr oder weniger deutliche Unfälle, kleine Desaster oder andere dysfunktionale Ereignisse enthalten - Indizien und Signale für das empfindliche, gefährdete Netzwerk der Gruppenkommunikation.
Obwohl Reste des üblichen Starauftritt-Rituals bemerkbar sind, herrscht eine Kommunikationsstruktur, die fast gleichwertig Aktionen des Publikums, einzelne Bezugspersonen, den "Manager" und die Gruppenmitglieder miteinander in Beziehung setzt. Dabei wird von der Schnittweise kaum auf die musikalische Struktur Rücksicht genommen, visuelle Montage-Figuren korrespondieren kaum einmal mit musikalischen Phrasen, sondern legen einen dichten Kontrapunkt über die Musikspur. Verglichen mit den FABULOUS BAKER BOYS und auch mit dem Beispiel aus dem nächsten Film (FARINELLI), häufen sich hier die Schnitte und die Divergenz von visuellen und auditiven "Phrasen". Und auch der Anteil des Geschehens abseits der Bühne erscheint recht hoch: von den insgesamt 98 Einstellungen der gezeigten Auftritts-Sequenz entfallen nach Abzug des Ansageteils auf die Präsentation der beiden Songs 51Einstellungen auf Bühnenaktionen, 27 (also ca. 35% der Einstellungen) auf den Publikumsbereich; bei den Dauern beansprucht das Publikum sogar leicht mehr, nämlich ca. 36% der Songdauer.
Obwohl diese Struktur für beide Nummern generell zutrifft, unterscheiden sie sich doch charakteristisch. Schon an der durchschnittlichen Einstellungsdauer ist abzulesen, daß "Bye Bye Baby" etwas anders präsentiert wird als "Mr. Pitiful": sowohl bei den Bühneneinstellungen wie bei den Publikumseinstellungen werden leicht längere Dauern angesetzt (Bühne 2,0 zu 2,3/Publikum 2,2 zu 2,5 Sek.) und dies entspricht auch einem stärkeren Eingehen auf Natalies Gesangsphrasen, die mit hohem Anteil unversehrt bleiben. Auch die Folge von Großaufnahmen der Mädchen entspricht eher dem üblichen Ins-Bild-Setzen von Musikauftritten, das dem Star, hier den 3 Commitmentettes, einen dominierenden Anteil zubilligt.
Allerdings werden auch hier wieder Geschichten eingebaut, die bezeichnend für die Struktur sind: etwa die Unterhose und die Publikumsperspektive auf Imeldas Verlobten, der in einer widersprüchlichen Aktion gezeigt wird (er will den Unterhosenwerfer, einen Halbwüchsigen, disziplinieren, wird aber vom Ordner Mickah gehindert: "Wenn ich eine Unterhose anhätte, würde ich sie auch werfen!") Das alles geht sehr schnell, verweist auf Imeldas problematische Beziehung, und auch der gesungene Text - Natalie singt von der verschmähten Liebe - klinkt sich in das Reaktionsbündel des Geschehens ein:
...... "Well, you said that I was your loving girl. No one, no other in this wide world. You know you took my love (ihr Verlobter ist in der Menge zu sehen), threw it away (an dieser Stelle fliegt die Unterhose hoch!), but you´re gonna want my love someday, Well, bye bye, baby, good bye, good bye."
Damit könnte an späterer Stelle der Handlung gerechnet werden. Der Ausgang bleibt offen.
"Mr. Pitiful"
67 Einstellungen für 2´23 Dauer:
|
Anzahl d. Einstellungen |
Dauer der Anteile insgesamt |
Durchschnittl. Dauer der Einstellg. |
Ansage/Manager |
16 |
41" |
2,6" |
Publikum/Mickah/Jimmy (ab Vorspiel:) |
4 |
6" |
1,5" |
Publikum/Mickah/Jimmy |
19 |
41" |
2,2" |
Bühne |
28 |
55" |
2,0 |
Summe |
67 |
2'23" |
|
|
|
davon Song : 1'36" (CD: 2'07") |
|
"Bye, Bye Baby"
31 Einstellungen für 1´12 Dauer:
|
Anzahl d. Einstellungen |
Dauer der Anteile insgesamt |
Durchschnittl. Dauer der Einstellg. |
Bühne |
23 |
52" |
2,3 |
Publikum |
8 |
20" |
2,5 |
Summe |
31 |
1'12" |
|
|
|
davon Song: 1'12" (CD: 3'21") |
|
Mit dem Hauptauftritt FARINELLIs aus dem gleichnamigen Film über diesen berühmten Kastraten des 18. Jahrhunderts (Carlo Broschi, 1705-1782) möchte ich fortfahren (FARINELLI - IL CASTRATO, Belgien/Frankreich/Italien 1995; R: Gerard Corbiau; M: Händel, Broschi, Hasse, Pergolesi, Porpora etc.; gesungen von Ewa Mallas-Godewska (Sopran), Derek Lee Ragin (Kontratenor); D: Stefano Dionisi, Enrivo Lo Verso, Elsa Zylberstein, Richard Reeves, Jonathan Fox). Und ich komme damit zu einer Musikpräsentation aus dem Bereich der Barockmusik. Es gibt durchaus gewisse Ähnlichkeiten zu den beiden vorangegangenen Beispielfilmen im Verhältnis von Starpräsentation, seiner Kommunikation mit dem Publikum, mit einer besonderen Gruppe von herausgehobenen Personen im Kontext und im Raum des Auftritts. Kein Wunder, denn der Regisseur Corbiau hat in einem Interview darauf hingewiesen, daß die in den letzten Jahren zu beobachtende Vorliebe für Androgynität beim Publikum gerade auch in der Rockszene deutlich sei: Figuren wie Michael Jackson, Prince, Mick Jagger oder David Bowie verkörpern Trends in dieser Richtung; und gerade der Kastrat habe hier eine besondere Ausstrahlung und Bedeutung mit seiner "inneren Androgynität": Seine außergewöhnliche Stimme beschwöre Bilder von universeller Harmonie zwischen den Geschlechtern, zwischen Mann, Frau und Kind. Von allen menschlichen Stimmäußerungen nähere er sich am meisten der Vorstellung von der Stimme Gottes, ermögliche für einen Moment einen Einblick in eine andere Welt.
Leider nur auf einen dieser "Einblicke" möchte ich hier eingehen, obwohl sich auch hier die Untersuchung aller Auftritte in hohem Maße lohnen würde. Der Film wäre in seiner Ambivalenz von ästhetisch-sinnlichen Momenten, von psychischen Prozessen und differenziert kalkulierter filmischer Konstruktion höchst interessant.
Es geht um den letzten Auftritt Farinellis in Londons "Opera of Nobility". Vorausgegangen sind ein ganze Reihe von Auftritten, mit unterschiedlichen Funktionen und Schwerpunkten in der Profilierung der Filmerzählung.
Ein neuer Stand ist jetzt erreicht: Farinelli hat Abschied genommen von der Virtuosenmusik, die sein Bruder Ricardo (1701-1756) ihm passend zur Kehle geschrieben und die er bislang mit ihm gemeinsam aufgeführt hatte. Nun widmet er sich der Musik des Konkurrenten Händel. Die Auseinandersetzung mit Händel, die der Film bereits in der Jugendzeit von Farinelli beginnen läßt, hat einen Höhepunkt erreicht, und sie verschmilzt hier mit seinem persönlichen Schicksal, der Kastration, die auch symbolisch als Beschränkung von Freiheit und Fantasie gesehen wird. Händel wirft Farinelli vor, er habe ihn künstlerisch kastriert, er könne deshalb keine Opern mehr schreiben. Farinelli, der nur leere Virtuosenmusik präsentiere, habe es gewagt, ihn, den Meister, anzuspucken, zu mißachten, nur wegen einer auf Irreführung beruhenden Bruderliebe.
Ein weiterer Stand ist die Entwicklung der außerordentlich engen, symbiotischen Beziehung zu seinem Bruder Ricardo, der ihn bislang im Glauben gelassen hatte, seine Kastration beruhe auf einem Reitunfall in der Kinderzeit mit einem weißen Pferd. Und der mit ihm als Partner sowohl im Opernbusiness wie auch im privaten Bereich des Umgangs mit Frauen in intimer Aufgabenteilung zusammengearbeitet hatte. Ricardo hört vom Schnürboden her der Aufführung zu, betroffen und enttarnt, da Händel gerade kurz zuvor Ricardos Schuld an der Kastration Farinelli mitgeteilt hat.
Als eine dritte Konfliktebene, eng zusammenhängend mit Händel und seinem Bruder, entwickelt sich die Kastration als soziales und individuelles Problem zu einem Höhepunkt der Verzweiflung, der zu einer radikalen Wende in Farinellis Leben führt.
Mit diesen Hauptaspekten verbinden sich noch weitere Spiegelungen, Varianten und Seitensichten, die alle in diesen Auftritt hinein wirken. Da gibt es sein kindliches "alter ego" Benedikt, ein stark behindertes Kind einer befreundeten Engländerin, dem er und das ihm gerade wegen seiner Behinderung zugetan ist.
Seine Mutter, die Farinellis Heiratsantrag ablehnte, sitzt in der Loge neben Alexandra Leiris, Farinellis Freundin, tief beeindruckt von der starken Aussage des Sängers. Deutlicher als sie wird Alexandra in den Perspektivenwechsel zwischen Bühne und Zuschauerraum einbezogen, mit intensiverer Ausstrahlung, der besonderen Bedeutung ihrer Beziehung zu Farinelli entsprechend.
Dann tritt Nicola Porpora in Erscheinung, sein alter Gesangslehrer - dem er einmal als Junge aus Abscheu vor der Kastration das Singen verweigert hatte -, jetzt als Komponist und Dirigent in Londons Adelsoper (opera of nobility) tätig und erfolgreicher Konkurrent Händels. Ausgerechnet unter seiner Leitung singt Farinelli nun die Arie "Lascia ch´io pianga" (aus Händels Rinaldo, 1711 bzw. 1731; übrigens eine Frauenarie, in der Oper von Almirena gesungen).
Und schließlich gibt es Rückblenden, die u.a. den Kastrationsakt mit seinem Bruder zeigen. Es handelt sich hier überhaupt um die ersten Rückblenden im Film während eines Auftritts von Farinelli: offenbar Ausdruck seiner schockartigen Verarbeitung der ihm gerade von Händel vermittelten Wahrheit über die Umstände seiner Kastration.
Lascia chío pianga la dura sorte e che sospiri la libertà.
Laß mich das harte Schicksal beweinen und nach Freiheit seufzen.
Il duol in franga queste ritorte de´miei martiri sol per pietà.
Der Schmerz soll die Fesseln meiner Qualen brechen, allein durch Barmherzigkeit.
Ein paar Hinweise auf einige visuelle Aspekte der Auseinandersetzung Farinellis mit seinem Schicksal und seiner Umgebung.
Etwa der silberne (weißglänzende) Pferdekopf von Händels Stock, der während der ersten Einstellung bei dem langen Kameraschwenk vorübergehend zu sehen ist. Schon von der ersten Begegnung an und bei allen weiteren Treffen trägt ihn Händel und erinnert damit an Farinellis Lebenslüge, daß ein Unfall mit weißen Pferden sein Schicksal ausgelöst habe. Am Ende des Liedauftritts fällt dieser Stock übrigens von der Brüstung ins Publikum hinab, symbolisiert damit das Ende der bedrohlichen Auseinandersetzung mit Händel und auch das Ende der Legende.
Die Farbe Weiß taucht im Film an verschiedenen Stellen auf, verweist auf einen permanenten Auseinandersetzungszwang mit der Kastration und ihrer lügenhaften Entstehungsgeschichte: immer wieder sind weiße Pferde zu sehen (oder wenigstens ihr Getrappel ist zu hören), dann finden sie sich auf Tapeten, ein weiße Taube, während einer Arie von Farinelli ins Publikum entlassen, akzentuiert die Leidensgemeinschaft mit dem behinderten Benedikt; und weiße Lebensmittel finden sich auf seinem Tisch in Madrid (der Anfang und Ende des Films zeitlich zusammenbindet), wobei wohl Opium die zentrale Substanz darstellt, die durch die Betäubung des jungen Carlo Broschi seine Kastration in dem mit weißer Milch gefüllten Bottich ermöglichte.
Ein weiterer Aspekt:
Ohne Zweifel wird die Arie der Almirena hier auch als Musikerlebnis inszeniert, das völlig ohne die vielfältigen Handlungsbezüge eine erhebliche Wahrnehmungsspannung erzeugt; allein ihre filmsprachliche Artikulation führt dazu, ohne Kenntnis der Details, ohne daß die Inhalte mancher Bildmontageelemente verständlich wären oder es sein müßten.
Dafür könnte man folgende Gründe anführen:
Insgesamt läßt sich eine charakteristische Ausgestaltung der Formteile der Arie konstatieren, d.h. die Musik wird auch visuell in ihrer immanenten Logik unterstützt und entfaltet. Dabei wird starkes Gewicht gelegt auf die Artikulation des gesungenen Textes, der sowohl Bestandteil des musikalischen Geschehens ist, zugleich aber auch auf psychische Prozesse der Handlungssituation hinweist und sie emotional verstärkt.
Sehr markant etwa die Formulierung des Klagerufs über die verlorenen Freiheit mit seiner auffälligen Publikumstotale, "la libertà" erscheint zweimal in identischen Einstellungen. Die Bedeutung scheint klar: Freiheit kann ich nur erreichen, wenn ich auf Euch verzichte! Die Welt staunt mich an, das Stimm-Monster; damit radikal zu brechen, das verschafft mir Freiheit. Wohingegen die Kastration und die Legende ihrer Entstehung, die damit verbundene Abhängigkeit vom Bruder als eine eminente Beschneidung von Freiheit im privaten wie im künstlerischen Bereich gesehen werden muß. Als Kind hat er sich wehren wollen - eine Rückblende zeigt dies -, aber damals konnte er sich mit seiner Singeverweigerung nicht durchsetzen.
Sicher gibt es noch weitere filmästhetische Aspekte, etwa die Farbdramaturgie, die einer Betrachtung wert wären, ich möchte jedoch hier abbrechen.
Im Film wie im tatsächlichen Leben beendet Farinelli nun, 1737, seine öffentliche Karriere und geht an den Hof des Königs von Spanien, um dort dem depressiven König (erst Philip V., 1700-1746, dann Ferdinand VI., 1746-59), jahrelang allabendlich dieselben 4 Arien vorzusingen; nach dessen Tod, 1759, muß Farinelli Spanien verlassen und geht nach Italien zurück.
Um auf meine Ausgangsthese zurückzukommen: es ist nicht erstaunlich, nicht neu, aber vielleicht deutlich, daß Musik als autonomes Geschehen on scene nur höchst ambivalent in Erscheinung tritt. Handlungsmomente motivieren ihr Auftreten, greifen in sie ein, durchsetzen ihre Präsentation in oft sehr komplexer Weise. Fiktionale Bestimmung von musikalischer Bedeutung wächst ihr zu. Aber es erscheint ihrem Wesen eigentlich nicht fremd, immer nimmt Musik Aspekte ihrer Realisationsumgebung in sich auf, verdichtet sie in der Wahrnehmung zu oftmals höchst differenzierten emotionalen Komplexen.
Was den Film vom Videoclip unterscheidet, scheint nicht das Ausmaß an visueller Komplexität - dies erscheint im Videoclip oftmals ungleich höher, als es von den Gegebenheiten der visualisierten Musik her einleuchtet - , sondern vielmehr die entfaltete Handlung mit den dabei gewonnen Spannungen und begleitenden Gefühlsbewegungen, die sich in den Lauf einer Musikpräsentation hinein verweben und diese mit ihrem Potential an Bedeutung, Gefühl, Spannung, Vitalität auflädt.
Diese Aussage läßt sich machen, ohne dabei auf Genre oder Stil der Musik zu verweisen. Mir erscheint die Komplexität bei Händels Arie nicht unbedingt aufwendiger entfaltet als etwa bei der "härtesten Arbeiterband der Welt" mit ihrem Dublin-Soul. Zwar benötigen letztere weniger erlesene Symbole und exotische Feierlichkeit, dafür aber handfeste Lebensziele und vielfältige Kommunikationen, die filmsprachlich anders, aber ebenfalls differenziert umgesetzt werden. Lebendig und dicht in ihrer Art sind beide Auftritte; Handlungsstränge ragen deutlich, oftmals sperrig in die Musikpräsentation hinein. Auf die Unterschiede im Bezug auf "Starpräsentation" - Farinelli wirkt da als der typische Star - könnte man hinweisen, bei den COMMITMENTS werden Partikel des Starauftritts montiert, aber eingebettet in eine vielfältige Kommunikationssituation. FARINELLI präsentiert deutlich und umfangreicher die tradierten Formen des Starauftritts, die COMMITMENTS dagegen tragen diesen Starauftritt als seine Parodie und als Wunschtraum vor sich her.