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ForschungsinteressenIntegrated AssessmentModelle / SDIAM herunterladen Alternative Ansätze in der Ökonomik Integrated Assessment Bei der integrierten Bewertung ("integrated assessment", IA) des Klimawandels geht es darum, dieses Phänomen in seiner Gesamtheit zu erfassen und zu bewerten. Im Gegensatz zu einer Betrachtung einzelner Facetten des Klimawandels aus der Sichtweise einer einzelnen wissenschaftlichen Disziplin geht es beim IA vor allem darum, dieses disziplinäre Wissen zu kombinieren, zu interpretieren und zu vermitteln. Dabei soll die integrierte Bewertung
[nach: Rotmans and Dowlatabadi, Integrated assessment of climate change: Evaluation of methods and strategies, in: Human Choices and Climate Change: A State of the Art Report, Batelle Press, Washington DC, 1997.] Die Forschung zum IA läßt sich grob in zwei Zweige unterteilen. Der eine untersucht das Zustandekommen von integrierten Betrachtungen bei (politischen) Entscheidungsprozessen. Ziel ist es, herauszufinden, welche fördernden und hemmenden Faktoren es dabei gibt, und welche Konsequenzen IA-Prozesse tatsächlich für die Politik oder das Verhalten der beteiligten Personen haben. Hier sind vor allem SozialwissenschaftlerInnen, PolitologInnen u.a. aktiv. Ein anderer Zweig der IA-Forschung ist die numerische Modellierung. Durch Kopplung von Submodellen aus Klimaforschung, Ökonomie und anderen Disziplinien lassen sich Aussagen über gesellschaftliche Fragen zum Klimawandel treffen. Hier sind vor allem NaturwissenschaftlerInnen und ÖkonomInnen tätig. Im GELENA-Projekt ging es primär darum, zu untersuchen, wie in einem sozialen Prozess zwischen KonsumentInnen und Unternehmen klimafreundliche Produkte entwickelt werden. Dabei wird vor allem der soziale Prozess untersucht. Dazu sollte ein numerisches Modell entwickelt werden, das die TeilnehmerInnen bei ihrer integrierten Bewertung unterstützt. Das Ergebnis war EcoClass, ein Modell zur Erstellung von Ökobilanzen, bei dem auch das Nutzervehalten in die Ergebnisse einfliesst und das auch für computerunerfahrene benutzer leicht bedienbar ist. Seit 2005 beschäftige ich mich zunehmend mit agentenbasierten Modellen. Wesentliches Merkmal dieser Modellklasse ist, dass hier die Interaktion einer Zahl von Modellagenten untersucht wird, die realen Akteuren nachempfunden sind. Im Gegensatz zu den sonst oft verwendeten repräsentativen Agenten können hier Unterschiede der Akteure direkt abgebildet werden. Damit lassen sich u.a. soziale Systeme leicht und ohne allzu künstliche Vereinfachungen abbilden. Ein Nachteil ist, dass die Ergebnisse der Simulationen oft erst mit statistischen Methoden sinnvolle Aussagen ermöglichen. Ein agentenbasiertes Modell zur Ausbreitung von Meinungen in Firmennetzwerken habe ich 2006 in Budapest vorgestellt (Manuscript, PDF, 480 kB). Numerische Modelle SDIAM (Structural Dynamic Integrated Assessment Model): Ein neuer Ansatz bei SDIAM ist die Berücksichtigung unterschiedlicher Wohlfahrtsvorstellungen von Unternehmern und der Gesamtgesellschaft. Dies ermöglicht die Bewertung von (Klimaschutz-)Maßnahmen (z.B. CO2-Abgaben) aus verschiedenen Perspektiven. Mögliche Konfliktlinien können so direkt und damit besser als in vergleichbaren Modellen analysiert werden. Hier können Sie SDIAM herunterladen. SDEM (Structural Dynamic Economic Model): Das Streben der Arbeiter nach höheren Löhnen wird hier explizit modelliert. Dieser Lohndruck führt zu Profiterosion, der die Unternehmer nur durch eine Kombination aus Produktivitätserhöhung (Rationalisierung) und Kapitalwachstum dauerhaft entkommen können. Dies sind aber gerade die in der Vergangenheit beobachteten Eigenschaften des Wirtschaftswachstums, das sich mit diesem Ansatz gut beschreiben läßt. Alternative Ansätze in der Ökonomik Herkömmliche ökonomische Modelle (wie auch SDEM und SDIAM) basieren letztlich auf der Annahme, dass alle Akteure zu allen Zeiten ihren individuellen Nutzen nach rationalen Gesichtspunkten maximieren und dabei vollständig über alle zur Verfügung stehenden Optionen informiert ist. Das Sinnbild dieser Annahmen ist das Akteursbild des "homo oeconomicus". Trotz seiner breiten Anwendung in der Ökonomik sagt bereits der "gesunde Menschenverstand", aber auch die Erkenntnisse der Verhaltens- und experimentellen Ökonomik, dass reale Menschen oft (oder sogar: in der Regel) anders agieren als der "homo oeconomicus". Dies beginnt damit, dass die Bewertung aller Optionen meist nicht möglich ist, sei es, weil die Optionen gar nicht bekannt sind, oder weil das Gehirn gar nicht in der Lage ist diese korrekt bewerten zu können (bounded rationality, H. Simon). Seither ist eine Vielzahl solcher Abweichungen vom Paradigma des vollständig rationalen Akteurs bekannt und belegt worden (vgl. List of cognitive biases bei Wikipedia). Während die Verhaltenökonomik methodisch oft nahe an der Neoklassik bleibt und lediglich die verwendeten Modellannahmen abwandelt, gibt es noch einige andere und weitergehende Theorieansätze. So wird zum Beispiel in der evolutorischen Ökonomik angenommen, dass Akteure normalerweise gerade nicht optimieren, sondern vielmehr nach bestimmten Gewohnheiten und Traditionen agieren. Diese liefern zwar nur selten das optimale Ergebnis, sie sind aber in aller Regel nicht zu ineffizient, so dass damit mehr oder weniger gut (am Markt) überlebt werden kann. Erst in Krisenzeiten werden diese Regeln überdacht und nach neuen, besseren Methoden gesucht, wobei durchaus auch optimiert wird. Wenn diese Suche Erfolg hat, kann der Akteur weiteragieren; wenn nicht, verschwindet er vom Markt. Einen etwas anderen Ansatz verfolgt die ökologische Ökonomik. Hier wird der Natur ein Eigenwert zugesprochen, den die wirtschaftlichen Akteure respektieren. Damit beschränken sie selbst die ihnen zur Verfügung stehenden Optionen. Im Sinne des Nachhaltigkeitskonzepts kann diese Beschränkung auch auf soziale Bereiche ausgedehnt werden. Der Vorteil all dieser Darstellungen ist zunächst, dass das Verhalten der ökonomischen Akteure deutlich realitätsnäher modelliert wird. Damit lassen sich zum einen die Vorhersagen bisheriger Modelle überprüfen, zum anderen ergeben sich neue Möglichkeiten, verhaltensabhängige Prozesse im Wirtschaftsgeschehen zu untersuchen. Ein Beispiel, die solche Modelle gerade für das integrated assessment interessant machen, sind Lernprozesse, die zu verändertem Umweltverhalten und damit anderen wirtschaftlichen Präferenzen und Entscheidungen führen können.
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Seite empfehlenDruckversion Volker Barth · Stand 09.12.08 | |||||||||||
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