Helke Timm
Mathematik besteht aus klaren Strukturen.
Hält man sich an die Regeln, kann man auf dem Weg
zu der einen richtigen Lösung keinen falschen Weg einschlagen.
Und doch: Soeben noch alles verstanden,
ist plötzlich all die Logik nicht mehr fassbar
in diesem Gewirr des Unbegreiflichen.
Ich mag die Kunst wegen der Möglichkeit, sich kreativ
austoben zu können, weil man den Gedankengängen uneingeschränkt
freien Lauf lassen kann und weil das wichtigste Urteil in der
Kunst das eigene ist.
Ich mag die Mathematik wegen ihrer strengen Strukturen, Regeln
und Gesetzen, wegen der einfachen Beurteilung der Lösung
in richtig und falsch, wegen ihrer "Aufgeräumtheit"
und ihrer "Klarheit".
Ursprünglich kam ich auf die Idee des Labyrinths, als ich
in einer Kinderzeitschrift ein Labyrinth-Rätsel sah. Ein
Frosch musste sich den Weg durch ein Labyrinth suchen, um an seinen
Teich zu kommen. Wie eine Art Rätsel-Spiel macht mir Mathe
Spaß.
Mit klaren Regeln, kommt man auf verschiedenen Wegen zu einer
richtigen oder einer falschen Lösung. Alles baut aufeinander
auf, Bewiesenes darf genutzt werden, Nicht-Bewiesenes muss noch
bewiesen werden. Klare Strukturen und Logik sind allgegenwärtig.
Und trotzdem ist die Mathematik so oft unverständlich. Immer
wieder scheint sie unbegreifbar und widersprüchlich.
Wie kann etwas unendlich sein? Wie kann es unendlich viele Primzahlen
geben und gleichzeitig unendlich lange Zahlenfolgen ohne Primzahlen?
Wie kann man mit unsichtbaren Wellen Informationen über die
ganze Welt senden? Wie kann man mit einer dritten und vierten
Dimension rechnen?
Das Labyrinth mit seinem streng geometrischen Aufbau, scheint
mir gleichzeitig die Klarheit und Aufgeräumtheit der Mathematik
zu zeigen, wie auch ihre verwirrende, unbegreifliche Seite, die
einem jeglichen Überblick nimmt.
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